Fotoreport/dpa

Engpass für den Welthandel: Der Westen der Sinaihalbinsel mit dem Suezkanal (27.1.2023)

Sie tun es also wieder: Ein weiteres Mal stürzt sich die EU am Rockzipfel der USA in ein militärisches »Abenteuer«. Aus zwei Jahren Ukraine-Krieg, der für ganz Europa bis heute unabsehbare Folgen bis hin zu einer großflächigen Eskalation haben kann, hat man ganz offensichtlich nichts gelernt. Während man sich in der Ukraine durch Waffenlieferungen in Kombination mit der Ausbildung von Soldaten – inklusive Faschisten des »Asow«-Regiments – »für Demokratie und Freiheit« längst zur Kriegspartei gemacht hat, gilt jetzt frei nach Ursula von der Leyen: Die deutsche Wirtschaft wird auch im Roten Meer verteidigt. Zwar greifen die Ansarollah gar nicht die »Freiheit der Schiffahrt« als solche an. Erklärtes Ziel sind Schiffe mit Israel-Bezug und, seit die USA und Großbritannien den Jemen angreifen, auch deren Kriegs- und Handelsschiffe. Aber wenn Washington ruft, steht man eben stramm bei Fuß.

Die Angriffe der Ansarollah werden nicht enden, solange der Gazakrieg fortgeführt und die Blockade des Küstenstreifens aufrechterhalten wird. Daran werden ein paar deutsche, belgische, italienische und französische Kriegsschiffe mit Sicherheit nichts ändern. Seit US-Amerikaner und Briten den Jemen bombardieren, wirken die De-facto-Herrscher des Nordjemen nur noch entschlossener. Endlich könne man die »imperialistischen Mächte«, ohne deren Unterstützung die von Saudi-Arabien angeführte Kriegskoalition ihre Angriffe auf den Jemen schon kurz nach deren Beginn im März 2015 hätte einstellen müssen, direkt bekämpfen. Von ihren arabischen Nachbarn fordern sie einen Landkorridor, um direkt in den Gazakrieg eingreifen zu können. Aber was Washington ganz besonders schmerzt und worum es eigentlich geht: Die Ansarollah haben der ganzen Welt vor Augen geführt, dass die USA und mit ihnen der gesamte »Wertewesten« ihre Fähigkeit, die globalen Seewege zu kontrollieren, unwiederbringlich verloren haben.

Und da will die EU nun also mit einer »rein defensiven« Militärmission gegensteuern. Bombardierungen von Stellungen der Ansarollah mit zivilen Kollateralschäden an der Seite Washingtons und Londons soll es nicht geben – zumindest offiziell. Aber was, wenn die »Huthis« die mit Flugabwehrraketen ausgestatteten Kriegsschiffe angreifen, die ihre »Solidarität mit dem palästinensischen Volk« zu stören gekommen sind und »das Rote Meer militarisieren«? Vom gefährlichsten Einsatz seit vielen Jahrzehnten sprach in der vergangenen Woche der deutsche Marineinspekteur Jan Christian Kaack. Schaut man sich den EU-Ratsbeschluss und den Mandatstext der Bundesregierung an, weiß man, was er noch gemeint haben könnte: Mit dem Golf von Oman, dem Persischen Golf und der Straße von Hormus erstreckt sich das Einsatzgebiet weit über die von Angriffen der Ansarollah betroffene Region hinaus – und in die direkte Einflusszone des Iran hinein.

QOSHE - Spiel mit dem Feuer - Wiebke Diehl
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Spiel mit dem Feuer

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19.02.2024

Fotoreport/dpa

Engpass für den Welthandel: Der Westen der Sinaihalbinsel mit dem Suezkanal (27.1.2023)

Sie tun es also wieder: Ein weiteres Mal stürzt sich die EU am Rockzipfel der USA in ein militärisches »Abenteuer«. Aus zwei Jahren Ukraine-Krieg, der für ganz Europa bis heute unabsehbare Folgen bis hin zu einer großflächigen Eskalation haben kann, hat man ganz offensichtlich nichts gelernt. Während man sich in der Ukraine durch Waffenlieferungen in Kombination mit der Ausbildung von Soldaten – inklusive Faschisten des »Asow«-Regiments – »für Demokratie und Freiheit« längst zur Kriegspartei gemacht hat, gilt jetzt frei nach Ursula von der Leyen: Die deutsche Wirtschaft wird auch im Roten Meer verteidigt. Zwar........

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