Na also, es geht doch. Plötzlich spricht die heillos zerstrittene Berliner Ampel mit einer Stimme. Das Beispiel könnte Schule machen, zumal Schüler hiervon profitieren werden. Denn der neue Zusammenhalt der Berliner Regierungsparteien ist nicht etwa Glyphosat oder Ökostrom zu verdanken, sondern ausgerechnet Goethe, dessen Weimarer Wohnhaus gerade dramatisch verfällt (F.A.Z. vom 8. Juni). Es muss saniert werden.

Wenn sich nach vermutlich dreijähriger Schließungszeit die Schulklassen wieder zuhauf am Frauenplan 1 einfinden, werden die Lehrer von diesem Lehrstück erzählen können. Wie das damals war, im Jahr 2023, als die Kulturstaatsministerin angesichts des bröckelnden Nationalmonuments so regungs- wie tatenlos blieb und die Angelegenheit einfach den Parlamentariern überließ. Die mussten in ihrer finalen Haushaltsbereinigungssitzung nun darüber befinden, ob der Bund sich mit 17,5 Millionen Euro an den Sanierungskosten beteiligen würde. Wichtig war die Zusage auch deshalb, weil private Spender ihre Unterstützung von mehr als zehn Millionen Euro an die Zusage des Bundes geknüpft hatten.

Dass der Bundestag die Summe bewilligt hat, kann sich daher auch nicht Claudia Roth auf die Fahnen schreiben. Das Verdienst kommt vielmehr anderen zu, nachdem die Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, Ulrike Lorenz, über Monate in Sachen Goethe Klinken putzen gegangen war. Dabei fand sie Unterstützer in allen drei Regierungsparteien. Katrin Göring-Eckardt von den Grünen ist es ebenso zu verdanken wie dem Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), beide mit Weimar-Bezug, und Otto Fricke, dem haushaltspolitischen Sprecher der FDP, dass die Weimarer Zitterpartie ein Ende hat. Jetzt kann das Goethe-Nationalmuseum wie geplant von 2026 an restauriert werden. Zuletzt war das Haus, das jährlich von 100.000 Besuchern aus aller Welt besichtigt wird, in den Achtzigerjahren überholt worden.

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Das Knallen der Weimarer Sektkorken ist bis Berlin zu hören. Zumal man in der kleinen Stadt mit der großen Geschichte ganz genau weiß, wie gern sich Politikerinnen und Politiker hier blicken lassen, um sich im Glanz der deutschen Klassik zu sonnen. Einige Ampel-Vertreter werden sich gewiss bald und fraktionsübergreifend auf der Baustelle im Herzen der Stadt einfinden. Die Kulturstaatsministerin indes sollte sich nach dieser unsäglichen Hängepartie wohl für eine Weile besser nicht in Weimar blicken lassen. Aber für Claudia Roth kann es zurzeit ohnehin nur heißen: Ab nach Kassel!

QOSHE - Gerettet! - Sandra Kegel
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Gerettet!

11 0
17.11.2023

Na also, es geht doch. Plötzlich spricht die heillos zerstrittene Berliner Ampel mit einer Stimme. Das Beispiel könnte Schule machen, zumal Schüler hiervon profitieren werden. Denn der neue Zusammenhalt der Berliner Regierungsparteien ist nicht etwa Glyphosat oder Ökostrom zu verdanken, sondern ausgerechnet Goethe, dessen Weimarer Wohnhaus gerade dramatisch verfällt (F.A.Z. vom 8. Juni). Es muss saniert werden.

Wenn sich nach vermutlich dreijähriger Schließungszeit die Schulklassen wieder zuhauf am Frauenplan 1 einfinden, werden die Lehrer von diesem Lehrstück erzählen können. Wie das damals war, im Jahr 2023, als die Kulturstaatsministerin angesichts des bröckelnden........

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