Neulich erzählte jemand diese Anekdote: Ein junger, offenbar vermögender Mann soll sich eine Wohnung gekauft haben, ohne seine Partnerin vorab einzuweihen. Es sollte offenbar eine Überraschung sein. Die beiden hatten ein Kind bekommen, die Mietwohnung wurde zu klein. Daraufhin lüftet der stolze Vater sein Geheimnis. Doch der Applaus bleibt aus. Seiner Partnerin gefällt die eigenmächtig erworbene Immobilie nicht. Sie will nicht umziehen. Die Eigentumswohnung steht leer.

Die Verhältnisse im Frankfurter Magistrat erinnern an diese Anekdote. Zwar sind die Dezernenten keine Liebespartner, aber doch so enge Kollegen, dass sie aufeinander angewiesen sind. Und zwar ganz konkret: Die einzelnen Magistratsmitglieder müssen den meisten Vorhaben der anderen zustimmen, damit Projekte überhaupt Gestalt annehmen können. Wer Geld benötigt, kann sich schließlich nicht einfach im Haushalt bedienen.

Offenbar hat Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) das aber nicht für nötig befunden. Sie muss mit ihrem Büro umziehen und hat einen Mietvertrag nicht nur vorbereitet und ausgehandelt, sondern sogar schon unterzeichnet – im Glauben, dass der Magistrat der Sache zustimmen wird. Mit diesem eigenmächtigen Verhalten hat Weber ihre Kollegen nicht nur vor vollendete Tatsachen gestellt und damit brüskiert. Sie hat auch ihre Kompetenzen überschritten und der Stadt schlimmstenfalls sogar geschadet.

Weber hat ohne Vorsatz gehandelt. Aber sie hat in Kauf genommen, dass die Stadt auf rechtlich unsicheren Grund gerät und sich Mitarbeiter mit der Frage beschäftigen müssen, ob sich die Angelegenheit heilen lässt und ob das Mietverhältnis überhaupt wirksam ist. Etliche Stellungnahmen wandern nun zwischen den beteiligten Ämtern hin und her. Das bindet Kraft und Energie, die an anderer Stelle fehlen. Die Stadt hat wirklich dringendere Probleme.

Weber hätte abwarten müssen, ob die Magistratskollegen und die beteiligten Ämter das Umzugsvorhaben zu diesen Bedingungen unterstützen. Erst danach hätte sie den Vertrag unterschreiben dürfen. Damit hätte sie der Stadt, dem Eigentümer und den Mitarbeitern einen Haufen Ärger erspart.

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Es ist nicht das erste Mal, dass Projekte, die in Webers Zuständigkeit fallen, durch mangelnde Kommunikation erschwert, verzögert und behindert werden. Auch bei der Satzung für die Kindertagespflege hat Weber Bedenken der Kontrollämter nicht ernst genommen.

Die Folge: Tagesmütter bangen weiter um ihre Existenz, ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Weber muss dringend besser kommunizieren. Diese Pannen sind vermeidbar und überflüssig. Und es sind einfach zu viele.

QOSHE - Zu viele Pannen im Bildungsdezernat - Rainer Schulze
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Zu viele Pannen im Bildungsdezernat

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21.02.2024

Neulich erzählte jemand diese Anekdote: Ein junger, offenbar vermögender Mann soll sich eine Wohnung gekauft haben, ohne seine Partnerin vorab einzuweihen. Es sollte offenbar eine Überraschung sein. Die beiden hatten ein Kind bekommen, die Mietwohnung wurde zu klein. Daraufhin lüftet der stolze Vater sein Geheimnis. Doch der Applaus bleibt aus. Seiner Partnerin gefällt die eigenmächtig erworbene Immobilie nicht. Sie will nicht umziehen. Die Eigentumswohnung steht leer.

Die Verhältnisse im Frankfurter Magistrat erinnern an diese Anekdote. Zwar sind die Dezernenten keine Liebespartner, aber doch so enge Kollegen, dass sie aufeinander angewiesen sind. Und zwar ganz konkret: Die einzelnen Magistratsmitglieder müssen den........

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