Der Erziehermangel spitzt sich in den westdeutschen Bundesländern immer mehr zu. Eine neue Studie zeigt: In Hessen ist die Lücke zwischen dem Betreuungsbedarf der Eltern und dem Angebot an Kitaplätzen noch einmal gewachsen. Inzwischen fehlen mehr als 40.000 Plätze und rund 11.500 Erzieher.

Wohlgemerkt: Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kinder bis zur Einschulung. Der zusätzliche Bedarf an Erziehern und Hortplätzen, der durch den von 2026 an geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder entsteht, wurde in der Bertelsmann-Studie noch nicht einmal berücksichtigt.

Schon jetzt ist klar, dass sich der Bedarf der Eltern in absehbarer Zeit nicht stillen lässt. Es fehlt schlicht an Fachkräften, um eine verlässliche Kinderbetreuung zu garantieren. Die Verfasser der Studie schlagen darum vor, die Öffnungszeiten der schon bestehenden Kitas regelhaft zu verkürzen auf nur noch sechs Stunden am Tag. Weil dann die Betreuung nur noch in einer Kernzeit von beispielsweise 8 bis 14 Uhr sichergestellt werden müsste, wären je Einrichtung weniger Erzieher nötig.

Die Verfasser der Studie fordern lapidar: Die Arbeitgeber müssten dann eben die Arbeitszeiten von Eltern an die Öffnungszeiten der Kitas anpassen. Zur Begründung heißt es: Der Personalmangel in der frühkindlichen Bildung habe Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft.

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Kürzere Betreuung, dafür aber für alle? Das hätte dramatische Folgen. Es ist völlig undenkbar, das ganze Land in den Schichtdienst zu schicken. Die unattraktiven Arbeitszeiten, Früh- und Spätschichten, sollen dann wohl die kinderlosen Kollegen abdecken? Ist das gerecht? Eine Verkürzung der Öffnungszeiten würde wohl eher dazu führen, dass reihenweise Eltern ihre Arbeitszeit reduzieren und sich finanziell einschränken müssen. Der Fachkräftemangel würde sich noch weiter ausdehnen.

Die Politik hat es immer noch nicht geschafft, die Arbeitsbedingungen von Erziehern so attraktiv zu machen, dass sich der Personalmangel von allein löst. Ein höheres Gehalt und attraktivere Rahmenbedingungen würden Wunder bewirken.

QOSHE - Verkürzte Kita-Öffnung ist keine Lösung - Rainer Schulze
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Verkürzte Kita-Öffnung ist keine Lösung

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28.11.2023

Der Erziehermangel spitzt sich in den westdeutschen Bundesländern immer mehr zu. Eine neue Studie zeigt: In Hessen ist die Lücke zwischen dem Betreuungsbedarf der Eltern und dem Angebot an Kitaplätzen noch einmal gewachsen. Inzwischen fehlen mehr als 40.000 Plätze und rund 11.500 Erzieher.

Wohlgemerkt: Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kinder bis zur Einschulung. Der zusätzliche Bedarf an Erziehern und Hortplätzen, der durch den von 2026 an geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder entsteht, wurde in der Bertelsmann-Studie noch nicht einmal........

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