Vor einigen Tagen schrieb der Elternbeirat einer Frankfurter Grundschule eine E-Mail. Ein Klettergerüst auf dem Schulhof steht nicht mehr sicher und soll durch ein neues ersetzt werden. Das alte Spielgerät wurde längst abgebaut, aber das neue lässt seit zwei Jahren auf sich warten. Der Verfasser hat eine Chronologie der Ereignisse mitgeschickt, die an einen Schildbürgerstreich erinnert: Eine städtische Behörde weiß nicht, was die andere tut. Zuständigkeiten werden hin- und hergeschoben, Verantwortung wird delegiert. Der Amtsschimmel wiehert. Eltern, Lehrer und Kinder sind zunehmend sauer.

Der Fall zeigt, wie frustrierend das Engagement im Elternbeirat sein kann. Das Gremium kann nichts entscheiden, sondern nur anregen und unterstützen, nach Lösungen suchen und Druck aufbauen. Der Personalmangel in Kitas und an Schulen zum Beispiel macht vielen Elternvertretern große Sorgen, aber sie sind auf der Suche nach mehr Lehrern und Erziehern in der Zuschauerrolle.

Das frustriert. Viele Elternvertreter fragen sich: Lohnt sich der Aufwand? Dabei können sie in einer Schule oder Kita auf lokaler Ebene oft noch einfacher etwas bewegen als überregional. Wie viel schwerer muss dies auf Landesebene sein? Die Bildungspolitik orientiert sich an Jahreszahlen und liefert Ergebnisse nicht schon nach wenigen Monaten oder gar Wochen. Der Vorsitzende des Landeselternbeirats, Volkmar Heitmann, hat jetzt die Geduld verloren und die Sache hingeschmissen. In seiner Rücktrittserklärung spart er nicht mit Vorwürfen an die Landesregierung, die das Kultusministerium allerdings glaubhaft pariert.

Offenbar ist über Heitmanns persönlichen Frust hinaus hinzugekommen, dass ihm der Rückhalt im eigenen Gremium gefehlt hat. Der Landeselternbeirat wirkt gespalten und war sich zum Beispiel beim Thema Luftreiniger nicht einig. Heitmann waren die Geräte wichtiger als seinen Mitstreitern. Ihm fehlte die Unterstützung, auch deshalb ist er zurückgetreten.

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Seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger sollte nicht damit rechnen, schnelle Erfolge erzielen zu können. Sie oder er braucht eine hohe Frustrationstoleranz. Und auch beim Temperament sind bestimmte Eigenschaften dienlicher als andere: Der oder die neue Vorsitzende sollte vereinen, nicht spalten. Eine kon­struktive Zusammenarbeit führt eher zum Ziel, als zu polarisieren. Das gilt für alle Elternbeiräte – auf der lokalen Bühne und auf Landesebene.

QOSHE - Vereinen, nicht spalten - Rainer Schulze
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Vereinen, nicht spalten

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10.11.2023

Vor einigen Tagen schrieb der Elternbeirat einer Frankfurter Grundschule eine E-Mail. Ein Klettergerüst auf dem Schulhof steht nicht mehr sicher und soll durch ein neues ersetzt werden. Das alte Spielgerät wurde längst abgebaut, aber das neue lässt seit zwei Jahren auf sich warten. Der Verfasser hat eine Chronologie der Ereignisse mitgeschickt, die an einen Schildbürgerstreich erinnert: Eine städtische Behörde weiß nicht, was die andere tut. Zuständigkeiten werden hin- und hergeschoben, Verantwortung wird delegiert. Der Amtsschimmel wiehert. Eltern, Lehrer und Kinder sind zunehmend sauer.

Der Fall zeigt, wie frustrierend das Engagement im........

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