Industrie- und Handelskammern mögen bisweilen schwerfällig erscheinen, aber sie sind in vielerlei Hinsicht unverzichtbar. Zum Beispiel, weil sie die Interessen der Wirtschaft gegenüber den Kommunen vertreten. Frankfurt ist ein gutes Beispiel dafür, wie notwendig das ist. Die Gewerbeflächen schrumpfen seit Jahren. Wieder und wieder sind Betriebe abgewandert. Bisweilen werden Gewerbeflächen überplant, als gäbe es die dortigen Unternehmen gar nicht. Zugleich stockt es beim Wohnungsbau, doch sind Betriebe darauf angewiesen, dass ihre Mitarbeiter Wohnraum finden. In der Verkehrspolitik gelten die Interessen von Pendlern und Geschäftsleuten seit einiger Zeit als vernachlässigbar.

All dies ist falsch, und gute Kommunalpolitik würde sich solche Fehler nicht erlauben. Denn der Wohlstand Frankfurts hängt vom Wohlergehen der Wirtschaft ab. Ohne ihre Gewerbesteuerzahlungen würde es das reichhaltige Kulturleben und die hoch ausdifferenzierten Sozialleistungen nicht geben.

Doch falsche Politik findet eben statt, und so bedarf es eines wachen Anwaltes der Unternehmen. Der bisherigen IHK-Präsident Ulrich Caspar hat sich in seinen Reden auf genau diese, die wichtigsten Punkte konzentriert, er hat dies wieder und wieder ausgeführt. Dass zuletzt der Eindruck entstand, das Römerbündnis höre ihm nicht so zu, wie er es verdient gehabt hätte – nun ja. Gerade im Verkehrsdezernat scheint man mit Pragmatikern wenig anfangen zu können, seit man ganz Frankfurt zum Experimentierfeld erklärt hat.

Womöglich findet jemand mehr Gehör, der als Coach auftritt. Doch im Wahlprogramm von Caspars Herausforderer Michael Groß kommen genau diese drei zentralen Themen kaum oder in nachgerade kurioser Weise vor. Wer etwa beim Thema Verkehr allein Sharing-Modelle als Lösung erwähnt, wird den komplexen Diskussionen über die Neuausrichtung der Verkehrspolitik in Stadt und Region nicht gerecht. Es mag andere Gründe für die Mitglieder der Vollversammlung der IHK geben, bei der Neuwahl des Präsidenten am Donnerstag für Groß zu stimmen. Manche sagen, neue Besen kehrten gut. Aber was die Vertretung der Wirtschaft angeht, so macht Caspar so schnell niemand etwas vor.

QOSHE - Anwalt der Wirtschaft - Manfred Köhler
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Anwalt der Wirtschaft

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17.04.2024

Industrie- und Handelskammern mögen bisweilen schwerfällig erscheinen, aber sie sind in vielerlei Hinsicht unverzichtbar. Zum Beispiel, weil sie die Interessen der Wirtschaft gegenüber den Kommunen vertreten. Frankfurt ist ein gutes Beispiel dafür, wie notwendig das ist. Die Gewerbeflächen schrumpfen seit Jahren. Wieder und wieder sind Betriebe abgewandert. Bisweilen werden Gewerbeflächen überplant, als gäbe es die dortigen Unternehmen gar nicht. Zugleich stockt es beim Wohnungsbau, doch sind Betriebe darauf angewiesen, dass ihre........

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