Im Restaurant Wein zu bestellen ist eine mathematische Herausforderung. Zunächst gilt, möglichst unauffällig krumme Werte wie 37 oder 51 Euro durch 7,5 zu teilen, um herauszufinden, ob es sich finanziell lohnt, gleich eine Flasche Pinot noir zu ordern. Hat man dies ausgeschlossen, bleibt zu klären, ob das Glas mit 0,2 Liter oder 0,1 Liter Wein das bessere Return on Investment verspricht.

Von solchen Kopfrechnen-Übungen wurden die Gäste in 21 Pubs in Großbritannien nun beneidenswerterweise erlöst. Psychologen der Universität Cambridge haben dort für eine Studie das größte Glas Wein schlicht von der Karte gestrichen. Die Gäste haben sich daraufhin mit kleineren Gläsern begnügt.

Das Ergebnis verkünden die Forscher stolz in „PLOS Medicine“: Insgesamt haben Menschen weniger Wein getrunken. Zumindest ein bisschen weniger. Gut, nur 7,6 Prozent. Jeder Pub hat am Tag 0,4 Liter weniger verkauft als üblich. Das werten die Forscher als „bedeutungsvollen“ Beitrag zur öffentlichen Gesundheit. Durch kleinere Gläser allein könnten die Menschen beeinflusst werden, weniger Alkohol zu trinken. Die Forscher bezeichnen diese Methode als „Nudging“.

Noch beeindruckender als die Macht der Verhaltenspsychologie ist in diesem Fall die Opferbereitschaft der Pub-Besitzer für den Kampf gegen den Alkoholismus. Allerdings findet man in der Studie den Hinweis, dass die Betreiber keine finanziellen Einbußen von dem Experiment hatten. Vermutlich, schreiben die Forscher, weil kleinere Gläser im Verhältnis teurer seien.

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War es am Ende gar nicht den Tricks der Psychologen zu verdanken, dass die Menschen weniger Wein geschlürft haben, sondern deren kleinen Geldbeuteln? Ein interessanter Ansatz: Preissteigerung als psychologisches Instrument zum Wohle des Verbrauchers. Diese Methode hat Potential, meinen wir: Hohe Heizkosten wären demnach Nudging zur Umweltliebe, teure Lebensmittel eine Unterstützung der Diät und kostspielige Urlaubsreisen ein Mittel zur Förderung der Heimatverbundenheit. Zumindest lösten die Forscher der Eliteuniversität Cambridge offiziell das ewige Wein-Rätsel: Die größten Gläser sind immer die günstigsten.

QOSHE - Mindern kleinere Gläser den Alkoholkonsum? - Johanna Kuroczik
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Mindern kleinere Gläser den Alkoholkonsum?

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27.01.2024

Im Restaurant Wein zu bestellen ist eine mathematische Herausforderung. Zunächst gilt, möglichst unauffällig krumme Werte wie 37 oder 51 Euro durch 7,5 zu teilen, um herauszufinden, ob es sich finanziell lohnt, gleich eine Flasche Pinot noir zu ordern. Hat man dies ausgeschlossen, bleibt zu klären, ob das Glas mit 0,2 Liter oder 0,1 Liter Wein das bessere Return on Investment verspricht.

Von solchen Kopfrechnen-Übungen wurden die Gäste in 21 Pubs in Großbritannien nun beneidenswerterweise erlöst. Psychologen der Universität Cambridge haben dort für eine Studie das........

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