Der Bundeskanzler scheint nur monumentale Herausforderungen zu kennen. Den ökologischen Umbau der Wirtschaft bezeichnete er einmal als den größten Wandel seit der Industriellen Revolution. Von diesem Umbau versprach er sich wirtschaftliche Wachstumsraten, wie sie die Bundesrepublik Deutschland zuletzt in ihren Aufbaujahren, dem sogenannten „Wirtschaftswunder“, verzeichnet hatte. Am Dienstag sprach er im Bundestag, sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beziehend, von „Herausforderungen, wie unsere Republik sie in dieser Konzentration und Härte wohl noch nicht erlebt hat“.

Den disparaten Zustand der von ihm geführten Bundesregierung vor Augen, hielt sich Olaf Scholz mit weitreichenden Antworten zurück. Sein Hinweis auf die sich aus dem Urteil ableitenden Einschränkungen für alle künftigen Regierungen in Bund und Ländern ließ sich als eine Einladung an die Union verstehen, gemeinsame Wege für die Bewältigung der Herausforderungen auszuloten. Für eine Lockerung der Schuldenbremse durch eine Änderung des Grundgesetzes, die bei SPD und Grünen längst zu einer geradezu fixen Idee geworden ist, brauchte die Regierung ohnehin die Union.

Die Reaktionen auf die Rede des Bundeskanzlers verdeutlichen einen rasch voranschreitenden Autoritätsverfall. Friedrich Merz hatte im Bundestag leichtes Spiel, die zahlreichen inhaltlichen und personellen Passivposten der Regierung vorzuführen.

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Schwieriger könnte es für Merz werden, seine Truppen auf eine gemeinsame Linie einzuschwören, die sich dem Geldausgeben mit vollen Händen versagt. Der ebenso naiven wie schädlichen Vorstellung, unliebsame Herausforderungen ließen sich mit Gießkannen voller Geld zuschütten, hängen ja nicht nur Sozialdemokraten und Grüne an. Daher äußern in Umfragen viele Bürger Zweifel, dass eine von der Union geführte Regierung erfolgreicher agieren würde als die Ampel.

Vieles steht auf dem Spiel: Für die Ampel geht es um Sein oder Nichtsein. Für die Union geht es um ihre Glaubwürdigkeit als eine politische Kraft, die mit Überzeugung bessere Konzepte vertritt und nicht einfach nur regieren will.

QOSHE - Für die Ampel geht es nun um Sein oder Nichtsein - Gerald Braunberger
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Für die Ampel geht es nun um Sein oder Nichtsein

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28.11.2023

Der Bundeskanzler scheint nur monumentale Herausforderungen zu kennen. Den ökologischen Umbau der Wirtschaft bezeichnete er einmal als den größten Wandel seit der Industriellen Revolution. Von diesem Umbau versprach er sich wirtschaftliche Wachstumsraten, wie sie die Bundesrepublik Deutschland zuletzt in ihren Aufbaujahren, dem sogenannten „Wirtschaftswunder“, verzeichnet hatte. Am Dienstag sprach er im Bundestag, sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beziehend, von „Herausforderungen, wie unsere Republik sie in dieser Konzentration und Härte wohl noch nicht erlebt........

© Frankfurter Allgemeine


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