Schon wieder reingefallen: „Prinzessin Kate und Prinz William: Sie planen die Trennung! Diese Entscheidung ist für die Royals ein Schock.“ So die Überschrift bei news.de. Moment mal! Sollte es nun etwa auch diese beiden Stabilitätsanker im weltweiten Beziehungschaos erwischt haben? Eine Must-have-Nachricht, schon um der eigenen Selbststabilisierung willen, man liest also weiter: „Paukenschlag im britischen Königshaus.“ Aha, also tatsächlich das nächste Desaster, als welches es sich ankündigt. Und weiter geht’s: „Bei Prinz William und Prinzessin Kate bahnt sich eine Trennung an, welche die Royals erschüttert zurücklassen soll.“ Oha, also noch schlimmer als gedacht. Weiter geht’s: „Konkret geht es um den Schulwechsel ihres ältesten Sohnes Prinz George.“ Wie bitte, worum geht’s? Wir dachten . . .

Die nächste Zwischenüberschrift vertieft einerseits die Trennungs-Lesart, rückt aber zugleich auch die Schulfrage von Prinz George in den Nachrichtenkern: „Prinzessin Kate und Prinz William planen Trennung – neue Schule für Prinz George“. Infrage steht demnach, ob der Prinz demnächst, anders als angeblich erwartet, nicht das Internat Eton besuchen soll, sondern das Marlborough College in der Grafschaft Wiltshire, die alte Schule seiner Mutter.

Mit Trennung wäre dann also nur die Trennung von einer wem auch immer lieb gewordenen Idee gemeint, die Trennung von einer Schulidee. Kein „Moment mal“, kein „Aha“ und kein „Oha“, sondern nur ein müdes „Ach so“ kommt auf, wenn in der letzten Überschrift nur noch mit einer partikularen Schockqualität hantiert wird und der größte anzunehmende Schock, wie er beziehungsreich in der Trennungsvokabel steckt, nun sachte für eine Irreführung gehalten werden darf: „Trennungsschock für die Royals: Marlborough statt Eton?“

Freilich lässt sich die Meldung in ihrer durchkomponierten Perfidie immer auch noch auf eine geplante Trennung zwischen den Ehepartnern beziehen, mit der Schulfrage als schockierender Nebenfolge. Genau besehen bleibt hier alles in der Schwebe.

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Wie soll man das semantische Manöver im Dienst der Klickzahlen nennen: vorsätzliche Täuschung? Nutzerverachtung? Verzweiflungstat? Es wird immer so getan, als sei der Hass, die sich alles einverleibende Missgunst die Ursünde des Internets. Unterbelichtet bleibt dabei der Selbsthass, der sowieso aus jeder Hassbewegung spricht, unter dem Druck der Klickzahlen aber die Geschäftsbedingungen der Plattformen befällt. Schockierend bloß die Abgebrühtheit in der Kunst, mit Fakten zu lügen – und die Bereitwilligkeit, sich hereinlegen zu lassen, täglich aufs Neue.

QOSHE - Worin besteht der Schock? - Christian Geyer
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Worin besteht der Schock?

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20.12.2023

Schon wieder reingefallen: „Prinzessin Kate und Prinz William: Sie planen die Trennung! Diese Entscheidung ist für die Royals ein Schock.“ So die Überschrift bei news.de. Moment mal! Sollte es nun etwa auch diese beiden Stabilitätsanker im weltweiten Beziehungschaos erwischt haben? Eine Must-have-Nachricht, schon um der eigenen Selbststabilisierung willen, man liest also weiter: „Paukenschlag im britischen Königshaus.“ Aha, also tatsächlich das nächste Desaster, als welches es sich ankündigt. Und weiter geht’s: „Bei Prinz William und Prinzessin Kate bahnt sich eine Trennung an, welche die Royals erschüttert zurücklassen soll.“ Oha, also noch schlimmer als gedacht. Weiter geht’s: „Konkret geht es um den........

© Frankfurter Allgemeine


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