Anders als in früheren Fällen von zögerlicher Bereitstellung dringend benötigter Waffen steht das Kanzleramt im Streit um Taurus-Marschflugkörper bald auf verlorenem Posten. Abzulesen ist das an einem Manöver der Ampelkoalition, das sich direkt gegen die Linie des Kanzlers stellt. Die SPD konnte zwar das Wort „Taurus“ in einem rührenden Akt von Haarspalterei aus einem gemeinsamen Antrag mit FDP und Grünen im Bundestag fernhalten.

Doch was anderes als auch Taurus (und nicht nur Mars II) sollte mit „zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“ gemeint sein, mit denen die Ukraine „völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors“ ausführen könnte?

Noch vor einem Monat empörten sich die drei Parteien über die „Parteitaktik“ eines Antrags, der nichts anderes forderte. Er kam allerdings von der Unionsfraktion. Hätten auch nur einzelne Ampelabgeordnete damals zugestimmt, wäre das in der Tat eine arge Demütigung des Kanzleramts gewesen.

Doch nun ist auch das der Fall. Die FDP-Abgeordnete Strack-Zimmermann, vor Wochen noch eine der lautesten Empörten über den Unionsantrag, ist dazu bereit, mit der Opposition zu stimmen. Denn die Union will das Kind beim Namen nennen und legt ihren Taurus-Antrag gleich noch einmal vor. Wie auch immer die Abstimmungen ausgehen sollten, danach steht der Kanzler gegen die gesamte breite Mitte des Parlaments.

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Im deutschen Taurus-Theater

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20.02.2024

Anders als in früheren Fällen von zögerlicher Bereitstellung dringend benötigter Waffen steht das Kanzleramt im Streit um Taurus-Marschflugkörper bald auf verlorenem Posten. Abzulesen ist das an einem Manöver der Ampelkoalition, das sich direkt gegen die Linie des Kanzlers stellt. Die SPD konnte zwar das Wort „Taurus“ in einem rührenden Akt von Haarspalterei aus einem gemeinsamen Antrag mit FDP und Grünen im Bundestag fernhalten.

Doch was anderes als auch Taurus (und nicht nur Mars II) sollte mit „zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“........

© Frankfurter Allgemeine


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