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Menschenjagd in Sarajevo

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19.11.2025

Als Kind von Kriegsflüchtlingen gibt es gewisse Dinge, mit denen man einfach aufwächst. In meinem Fall war das das permanente Verfolgen von Nachrichten aus Konfliktregionen. Im Vor-Internetzeitalter sah das wie folgt aus: Meine Eltern, allen voran mein Vater, zappten die ganze Zeit durch den Röhrenfernseher in unserem Wohnzimmer und ließen meist ORF, 3Sat, ZDF, BBC oder Euronews laufen. Dies tat man auch in der Hoffnung, neue Nachrichten aus Afghanistan, das in den 1990er-Jahren vom Bürgerkrieg heimgesucht und erstmals von den Taliban regiert wurde, zu ergattern.

Eine Szene, die ich nie vergessen habe, wurde damals mitten in der Nacht unkommentiert von Euronews ausgestrahlt. Sie zeigte das von serbischen Faschisten besetzte Sarajevo. Menschen rannten um ihr Leben, während Scharfschützen sie wie Wild erschossen. Erst später verstand ich, wie sehr dieses Grauen auch mit meinem eigenen Umfeld zu tun hatte. Bosnische Geflüchtete, die dem damaligen Genozid oder anderen Kriegsverbrechen entkommen waren, gingen in meine Schule oder lebten in unserer Nachbarschaft. Die Geschichten über die toten, verwesenden Körper, die auf den Straßen Sarajevos lagen, erinnerten mich an die Gräueltaten des afghanischen Bürgerkrieges, als verschiedene Milizen Massaker begingen und ihre........

© Wiener Zeitung