Essen. Die Russland-Wahl war im Vorfeld entschieden. Putin wird das Land weiter nach seinen reaktionären Vorstellungen umbauen.

Die politische Situation in Russland lässt sich sehr gut damit erklären, dass man den Ausgang einer Wahl kommentieren kann, bevor die Wahllokale geschlossen wurden und das amtliche Endergebnis verkündet ist.

Wladimir Putin hatte diese Wahlen, die von Kritikern zu Recht als Farce bezeichnet werden, bereits haushoch gewonnen, noch bevor die ersten Wählerinnen und Wähler zur Abstimmung erschienen waren. Er wird auch in den kommenden Jahren Präsident des Riesenreiches sein, das er mit der Hilfe seiner alten KGB-Freunde diktatorisch beherrscht.

Sollte Putin das Ende seiner Amtszeit im Jahr 2030 erreichen, würde er 31 Jahre der unangefochtene politische Führer des Landes gewesen sein. Man muss weit in die russische Geschichte zurückblicken, um auf eine längere Regentschaft zu stoßen. Zarin Katharina II. saß 34 Jahre auf dem Thron, das war im 18. Jahrhundert.

Das kaiserliche, imperialistische Russland ist die Schablone für Putins Politikverständnis. Innenpolitisch sollen ein traditionelles bis reaktionäres Wertesystem und folgsame Untertanen das Gerüst des Landes sein, geopolitisch strebt Putin die Restaurierung alter Größe an. Der Überfall der Ukraine ist ein erster Schritt, weitere werden folgen, falls Putin diesen Krieg gewinnen sollte.

Auch wenn es in den russischen Großstädten vereinzelt Protestaktionen gegen die Wahlfarce gab, sollte das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Putin insbesondere in den ländlichen Regionen eine treue und ergebene Anhängerschaft hat, der Aufwallung fremd ist, zumal die wirtschaftliche Lage trotz der westlichen Sanktionen noch immer vergleichsweise gut ist.

Der Westen muss sich darauf einstellen, dass ein im Amt bestätigter Putin ein zunehmend unberechenbarer Kontrahent sein wird, der alles dafür tun wird, um die transatlantischen Beziehungen, die Europäische Union und die Demokratie in ihren Mitgliedsländern nachhaltig zu destabilisieren. Es drohen schwierige Zeiten.

QOSHE - Putin wird noch unberechenbarer werden - Jan Jessen
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Putin wird noch unberechenbarer werden

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17.03.2024

Essen. Die Russland-Wahl war im Vorfeld entschieden. Putin wird das Land weiter nach seinen reaktionären Vorstellungen umbauen.

Die politische Situation in Russland lässt sich sehr gut damit erklären, dass man den Ausgang einer Wahl kommentieren kann, bevor die Wahllokale geschlossen wurden und das amtliche Endergebnis verkündet ist.

Wladimir Putin hatte diese Wahlen, die von Kritikern zu Recht als Farce bezeichnet werden, bereits haushoch gewonnen, noch bevor die ersten Wählerinnen und Wähler zur........

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