In den ersten Wochen des neuen Jahres hat die Berichterstattung der öffentlichen Medien sowie die Reaktion in der Bevölkerung für so manchen ein finsteres Bild unserer Gesellschaft gezeichnet. Am 8. Januar 2024 tragen die deutschen Landwirte ihren Unmut über ihre von der Politik verursachte Situation auf die Straße. Schon im Vorfeld wird sicherheitshalber von Unterwanderung durch Rechtsradikale berichtet. Der NDR titelt am 06.01.2024: "Rechte Szene nutzt offenbar Bauernproteste für sich"!

Für den kritischen Betrachter zeigte sich allerdings ein Bild mit vielen Fragezeichen. Zu sehen waren Bauern, die mit Habeck reden wollten, als er in Kiel ein Schiff verlassen wollte. Zu sehen war auch, dass ungewöhnlich wenig Polizei anwesend war. Zu sehen war auch, dass die Landwirte gemessen an ihrer existenzbedrohenden Lage sehr zurückhaltend blieben.

Ich erinnere mich unweigerlich an die Ereignisse am 29. August 2020, als mit massivem Polizeieinsatz tausende Demonstranten daran gehindert wurden, durch die Innenstadt von Berlin zu ziehen. Auf wundersame Weise war nur der Weg zum Reichstag offen, und ein paar Unbekannte versuchten, die Massen dorthin zu locken. Es folgten ihnen aber nur wenige, und die Presse erklärte uns damals: "Reichsbürger: Wie es zum Sturm auf den Reichstag kam".

Was beim unkritischen Medienkonsumenten zurück bleibt, ist Bauern = Rechts, Demokratiebewegung = Rechts.

Um so mehr verwundert es, dass sich der Bauernpräsident Rukwied auch gleich genötigt sieht, sich von dem einen oder anderen zu distanzieren. Herr Rukwied ist im übrigen der Bauernpräsident, der sich in der Vergangenheit für eine CO2-Steuer und weniger Fleischkonsum aussprach.

Ist es nicht erstaunlich, dass dieser Protest von einzelnen Landwirten wie eine Demonstration angemeldet wurde und dann meist auch je nach Genehmigung an den vorbestimmten Autobahnauffahrten vollzogen wurde. Diese Landwirte würden voll zur Verantwortung gezogen werden, wenn in ihrem Anmeldungsbereich etwas schief laufen würde.

Der Fernsehzuschauer erfährt nichts darüber, dass es nur wenige Bauern gibt, die nur von ihrem Hof leben können, und dass ein Großteil tagsüber in der Industrie malochen geht. Der Fernsehzuschauer erfährt auch nicht, dass die Landwirte bei Saatgut-Großkonzernen einkaufen müssen, die den Preis auf der ganzen Welt bestimmen. Genau so wenig ist es klar, dass die Landwirte ihre Produkte wiederum an riesige Handelsketten verkaufen, die ebenfalls die Preise bestimmen. Ein Landwirt erzählt mir, dass er pro Jahr für 10.000 Euro Saatgut einkauft und mit etwas Glück für 20.000 Euro seine Ernte verkaufen kann. Von den 10.000 Euro Differenz begleicht er Maschinen, Kraftstoff, Arbeitszeit u.s.w.

Die Öffentlichkeit erfährt nichts über die wirklichen Probleme der Bauern. Während alle auf den Bauernprotest schauen, wird unbemerkt in Brüssel über gen-manipulierte Nahrungsmittel abgestimmt und die Veröffentlichung der Pfizer-Verträge verhindert. Weiterhin wurde der Digitale Service Act (DSA) beschlossen, mit welchem auch "nicht rechtswidrige" Eintragungen im Internet oder sozialen Medien gelöscht werden können.

Fazit der Aktivitäten im EU-Parlament in dieser Zeit: Genmanipulierte Nahrungsmittel sollen legalisiert werden. Unterlagen, die Verbindungen von Politikern zu Großkonzernen offen legen könnten, werden unter Verschluss gehalten. Und die Meinungsfreiheit wird grob eingeschränkt!

Bill Gates erklärt auf CBS, dass in der Westlichen Welt bald nur noch synthetisches Fleisch gegessen wird. Und in Davos stimmen sich die Politiker mit den Superreichen ab. Wem wundert es da noch, dass uns OXFAM berichtet, dass sich seit 2020 das Vermögen der fünf Reichsten verdoppelt hat.

Die Medien ergehen sich derweil mit glänzenden Augen in Berichten über den Wechsel in der Monarchie. Ein regierungsnahes Faktencheck-Portal berichtet über die Bestrebung der AfD, tausende Asylanten außer Landes zu schicken, ohne dass dafür ein Beweis erbracht würde und ohne dass eine Gegendarstellung der AfD zu hören wäre. Tausende stellen sich auf die Straße, um gegen Faschismus zu Protestieren. Das vorläufige Ergebnis all dieser Proteste: Für die Bauern ändert sich fast nichts, und für die Menschen im Land soll Fleisch noch teurer werden. Derweil beobachte ich, wie sich auf dem Spielplatz Rentner um leere Flaschen streiten.

QOSHE - Bauern und Demokratiebewegung als rechts brandmarken - Lutz Weber
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Bauern und Demokratiebewegung als rechts brandmarken

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02.02.2024


In den ersten Wochen des neuen Jahres hat die Berichterstattung der öffentlichen Medien sowie die Reaktion in der Bevölkerung für so manchen ein finsteres Bild unserer Gesellschaft gezeichnet. Am 8. Januar 2024 tragen die deutschen Landwirte ihren Unmut über ihre von der Politik verursachte Situation auf die Straße. Schon im Vorfeld wird sicherheitshalber von Unterwanderung durch Rechtsradikale berichtet. Der NDR titelt am 06.01.2024: "Rechte Szene nutzt offenbar Bauernproteste für sich"!

Für den kritischen Betrachter zeigte sich allerdings ein Bild mit vielen Fragezeichen. Zu sehen waren Bauern, die mit Habeck reden wollten, als er in Kiel ein Schiff verlassen wollte. Zu sehen war auch, dass ungewöhnlich wenig Polizei anwesend war. Zu sehen war auch, dass die Landwirte gemessen an ihrer existenzbedrohenden Lage sehr zurückhaltend blieben.

Ich erinnere mich unweigerlich an die Ereignisse am 29. August 2020, als mit massivem Polizeieinsatz tausende Demonstranten daran gehindert wurden, durch die Innenstadt von Berlin zu ziehen. Auf wundersame Weise war nur der Weg zum........

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