«Ich meinti»-Kolumnistin Ruth Koch über Kindheitserinnerungen auf dem Ofenbänkli und das heutige Kaltbaden.

Der April überschüttet uns üblicherweise mit wechselhaftem Wetter sowie schwankenden Temperaturen. So auch in diesem Jahr – doch trotzdem anders. Das warme Wetter überwiegt, sommerliche Temperaturen sind keine Seltenheit. Nach den Kirsch- und Birnbäumen sind es bereits die Apfelbäume, die uns zu früh mit ihren Blüten betören. Der April ist auf bestem Wege, einen weiteren Wetterrekord zu brechen. Doch obwohl die Alarmglocken der Klimaerwärmung läuten, muss ich jedoch gestehen, dass mir die warmen Temperaturen zusagen.

Das Frieren war nie mein Ding. Gerne setzte ich mich als Kind auf den Ofenbank. Unser Haus war lediglich mit dem Kachelofen in der Stube, dem Holzherd in der Küche und dem Sitzofen im Stübli beheizt. Gegen Abend durften wir das sogenannte Ofenloch über dem Stubenofen öffnen. Es bestand aus einem kleinen quadratischen Brett, das in der oberen Etage aus dem Holzboden des Mädchenzimmers gehoben wurde. So stieg die warme Luft und in unseren Schlafraum, der sich bis zur Bettzeit um ein paar Grade erwärmte. Unser treuer Begleiter für die Nacht war der «Chriäsi-Maa», ein im Ofenrohr aufgewärmtes Kirschstein-Säckli.

Selbstverständlich verbrachten wir den Winter nicht nur auf dem Ofenbänkli. Trotz wärmetechnisch mangelhafter Winterbekleidung liebten wir das Vergnügen im Schnee. Die ledernen Skischuhe, die knapp über die Knöchel reichten, wehrten weder Schnee noch Kälte ab. Da halfen auch die wollenen Strumpfhosen, die Keilskihosen und die zusätzlichen Wollsocken nicht. Gut kann ich mich erinnern, wie unsere Mutter zurück im Haus meine Füsse unter den kalten Wasserhahn hielt, um ein zu schnelles Aufwärmen und die damit verbundenen Schmerzen zu lindern. Diesen kalten Füssen trauere ich keineswegs nach.

Mit Erstaunen habe ich deshalb Ende März von einem Problem Kenntnis genommen, das gewisse Menschen in unseren Breitengraden seit neustem haben. Es ist das Problem, wie sie ihr Kältetraining über die Sommermonate aufrechterhalten können. Wer nämlich im Winter in den hiesigen Gewässern baden geht, muss ja schliesslich auch im Sommer bequem das eisige Nass auf seiner Haut prickeln lassen. Dafür haben Tüftler nun eine Art gekühlte Badewanne entwickelt, die sie jüngst an einer Eis-Messe dem interessierten Publikum vorstellten. Die Werbung verspricht «elegantes Kaltbaden bei jedem Wetter und allen Temperaturen». Dass diese eisigen Wannen eine gewisse Ähnlichkeit mit Särgen aufweisen, scheint die Kaltmenschen in keiner Weise zu stören.

Ich meinti, es ist doch recht paradox, dass der Mensch die Herausforderung der extremen Kälte sucht. Einerseits muss es immer und überall angenehm warm, bequem oder gemütlich sein. Andererseits investieren wohlstandsverwöhnte Frauen wie auch Männer in ein energiefressendes Gerät, um der Komfortzone zu entfliehen. Es ist so unglaublich, dass ich bei dieser Meldung an einen Aprilscherz denken musste. Aber nein, die Eis-Messe fand am 31. März statt. Sie ist also leider kein Aprilscherz.

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«Ich meinti»: Manche mögen es kalt

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19.04.2024

«Ich meinti»-Kolumnistin Ruth Koch über Kindheitserinnerungen auf dem Ofenbänkli und das heutige Kaltbaden.

Der April überschüttet uns üblicherweise mit wechselhaftem Wetter sowie schwankenden Temperaturen. So auch in diesem Jahr – doch trotzdem anders. Das warme Wetter überwiegt, sommerliche Temperaturen sind keine Seltenheit. Nach den Kirsch- und Birnbäumen sind es bereits die Apfelbäume, die uns zu früh mit ihren Blüten betören. Der April ist auf bestem Wege, einen weiteren Wetterrekord zu brechen. Doch obwohl die Alarmglocken der Klimaerwärmung läuten, muss ich jedoch gestehen, dass mir die warmen Temperaturen zusagen.

Das Frieren war nie mein Ding. Gerne setzte ich mich als Kind auf den Ofenbank. Unser Haus war lediglich mit dem Kachelofen in........

© Luzerner Zeitung


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