Jürgen Heinrich/imago

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

Anfang der 90er Jahre begann ich meinen 18monatigen Zivildienst bei einem sozialpsychiatrischen Dienst einer kirchlichen Einrichtung in Bayern. Die Hoffnung, mich durch Kriegsdienstverweigerung einer möglichen Mobilmachung fürs Militär entzogen zu haben, war indessen trügerisch. Dies erfuhr ich aus einem »versehentlich« auf dem Kopierer unserer Einrichtung zurückgelassenen Einsatzplan für den Kriegsfall. Dann hätte es zu unseren Aufgaben gehört, bei der Evakuierung von Krankenhäusern mitzuhelfen, damit diese als Truppenlazarette zur Verfügung ständen. Auch bei Panikausbrüchen unter der Bevölkerung hätten wir dann tätig werden müssen. Mit Auflösung der Sowjetunion wurden solche aus dem Kalten Krieg stammenden Planungen indessen bald obsolet.

Doch nun ist er wieder da – der Russe. Das Gesundheitswesen müsse für »militärische Konflikte« gerüstet werden, meint Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unter Verweis auf »den verbrecherischen russischen Angriff auf die Ukraine« gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Sonnabend. Da »Deutschland im Bündnisfall zur Drehscheibe bei der Versorgung von Verletzten und Verwundeten auch aus anderen Ländern werden könnte«, müsse »jeder Arzt, jedes Krankenhaus, jedes Gesundheitsamt wissen, was zu tun ist«, kündigte der SPD-Politiker einen Gesetzentwurf an – der grüne Koalitionspartner signalisierte bereits Zustimmung.

Die vom Gesundheitsminister geforderte »Zeitenwende für das Gesundheitswesen« braucht es in der Tat – aber zur Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung bereits zu Friedenszeiten. Denn die ist gefährdet infolge des von Lauterbach und seiner Vorgänger im Zeichen neoliberaler Profitmacherei betriebenen Kahlschlags mit Privatisierung und Schließung von Krankenhäusern sowie der Drangsalierung von Arztpraxen.

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Kriegsfallrüster des Tages: Karl Lauterbach

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03.03.2024

Jürgen Heinrich/imago

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

Anfang der 90er Jahre begann ich meinen 18monatigen Zivildienst bei einem sozialpsychiatrischen Dienst einer kirchlichen Einrichtung in Bayern. Die Hoffnung, mich durch Kriegsdienstverweigerung einer möglichen Mobilmachung fürs Militär entzogen zu haben, war indessen trügerisch. Dies erfuhr ich aus einem »versehentlich« auf dem Kopierer unserer Einrichtung zurückgelassenen Einsatzplan für den........

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