Palästinenser suchen unter den Trümmern eines zerstörten Gebäudes nach einem israelischen Luftangriff in Chan Junis im südlichen Gazastreifen nach Überlebenden.

© Quelle: Mohammed Dahman/AP/dpa

Forderungen nach Waffenstillstand und nach einem Friedensgipfel werden den Nahost-Krieg nicht lösen. Der Hamas muss die Geschäftsgrundlage entzogen werden. Dazu kann auch die Aussicht auf eine friedliche Koexistenz beitragen. Auch die arabischen Staaten sind hier in der Pflicht, kommentiert Daniela Vates.

Berlin. Es gibt sie immer wieder, diese leisen Zeichen der Hoffnung in diesem neuen Krieg in Nahost, der so für so viel Leid und Verzweiflung steht. Der Angst weckt und Empörung. Der so verwickelt ist und so gefährlich. In dem so viele Menschen gestorben sind auf beiden Seiten.

Es gibt diese Zeichen der Hoffnung, wenn über eine angeblich baldige Freilassung von Geiseln aus Israel berichtet wird. Wenn Saudi-Arabien versucht zu vermitteln und auch Katar. Wenn die israelischen Truppen den Zeitraum für den Fluchtkorridor aus dem Norden in den Süden Gazas ausweiten.

Außenministerin Annalena Baerbock nährt die Hoffnung, wenn sie nach einer Reise durch mehrere arabische Länder und erneut nach Israel sagt: „Die Brückenköpfe auf beiden Seiten sind klar erkennbar.“ Immerhin also: Brückenköpfe scheint es noch zu geben. In diesem Konflikt, der so verfahren scheint, muss man das nicht für gegeben halten.

Es sind kleine Fenster in eine Welt nach dem einem Krieg, der nicht komplett eskaliert ist. Winzig sind diese Aussichten im Vergleich zu dem, was ein Krieg akut auslöst. Aber sie sind da.

Es wird weiter gekämpft. Die Hamas hält Geiseln und beschießt Israel mit Raketen. Die Lage im Westjordanland, wo radikale Siedler eine unselige Rolle spielen, kann jederzeit kippen. Ein stärkeres Eingreifen der Hisbollah könnte den Konflikt auf den Libanon ausweiten. In Gaza rücken ausgerechnet Krankenhäuser in den Fokus israelischer Angriffe. Wo Menschen Zuflucht und Heilung suchen, vermutet Israel Stellungen der Terrororganisation.

Die vielen Toten und Verletzten, die dramatische Versorgungslage der Menschen in Gaza legen die Forderung nach einem Waffenstillstand nahe. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sie erhoben, auch die US-Regierung drängt. Den Konflikt aber löst dies nicht.

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Die Hamas sieht ihre Aufgabe nach eigener Aussage nicht in der Verbesserung der Lage der Palästinenser, sondern in der Auslöschung Israels. Sie hat ihre ins Psychopathische abgeglittene Menschenverachtung mit ihren Terroranschlägen, mit dem buchstäblichen Hinschlachten von Wehrlosen zum Ausdruck gebracht. Tote gehören zu ihrem Geschäft, Waffenstillstand hin oder her.

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Daher muss es gelingen, der Hamas die Arbeitsgrundlage zu entziehen. Israels Armee versucht es physisch, durch Zerstörung von Tunneln und Angriffe auf Hamas-Kämpfer. Aber eine Organisation lebt auch von Finanzen, von Lebensumständen und von einer Ideologie.

Die meisten Palästinenserinnen und Palästinenser dürften Hass und Angst nur allzu gerne gegen eine friedliche Koexistenz und Sicherheit eintauschen wollen. Dazu muss Israel bereit sein, die Zwei-Staaten-Lösung zu akzeptieren, die sie unter Premier Benjamin Netanjahu und seine teilweise rechtsextreme Regierung so leichtfertig zur Seite gefegt haben.

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Dazu müssen die arabischen Staaten bereit sind, als Vermittler und Garanten. Die Annäherungsversuche etwa Saudi-Arabiens an Israel haben gezeigt, wie gering das – nicht zuletzt wohl ökonomische – Interesse an einem ständigen Unruheherd in der Nachbarschaft ist. Dieser Unruheherd, das zeigt sich jetzt, kann sich jederzeit auf die Region ausweiten, und Land nach Land destabilisieren. Auf einer Friedenskonferenz, wie sie nun auf ihrem Sondergipfel in Riad gefordert wurde, müssten die arabischen Staaten also genau dieses Interesse an Stabilität umsetzen, statt sich vom Iran und dessen verlängertem Arm Hamas treiben zu lassen. Schuldzuweisungen an Israel werden dafür nicht reichen. Es gilt, einen jahrzehntelangen Zirkel aus Abrechnungen und Gewalt zu durchbrechen.

Die Brücke zwischen den Brückenköpfen zu bauen, sei eine Herkulesaufgabe, so formuliert es Baerbock. Es gibt dennoch keinen Grund, es nicht zu versuchen.

QOSHE - Dem Geschäft mit Tod und Hoffnungslosigkeit die Grundlage entziehen - Eva Quadbeck
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Dem Geschäft mit Tod und Hoffnungslosigkeit die Grundlage entziehen

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12.11.2023

Palästinenser suchen unter den Trümmern eines zerstörten Gebäudes nach einem israelischen Luftangriff in Chan Junis im südlichen Gazastreifen nach Überlebenden.

© Quelle: Mohammed Dahman/AP/dpa

Forderungen nach Waffenstillstand und nach einem Friedensgipfel werden den Nahost-Krieg nicht lösen. Der Hamas muss die Geschäftsgrundlage entzogen werden. Dazu kann auch die Aussicht auf eine friedliche Koexistenz beitragen. Auch die arabischen Staaten sind hier in der Pflicht, kommentiert Daniela Vates.

Berlin. Es gibt sie immer wieder, diese leisen Zeichen der Hoffnung in diesem neuen Krieg in Nahost, der so für so viel Leid und Verzweiflung steht. Der Angst weckt und Empörung. Der so verwickelt ist und so gefährlich. In dem so viele Menschen gestorben sind auf beiden Seiten.

Es gibt diese Zeichen der Hoffnung, wenn über eine angeblich baldige Freilassung von Geiseln aus Israel berichtet wird. Wenn Saudi-Arabien versucht zu vermitteln und auch Katar. Wenn die israelischen Truppen den Zeitraum für den Fluchtkorridor aus dem Norden in den Süden Gazas ausweiten.

Außenministerin Annalena Baerbock nährt die........

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