Ja mei, der Kaiser. Hat dem deutschen Fußball nicht nur als Spieler eine ungeahnte Leichtigkeit verliehen, sondern auch als Plauderer. Franz Beckenbauer war sein Spaß beim Verfertigen gewitzter Formulierungen stets anzumerken, und wenn ein Geistesblitz bei den Leuten einschlug, huschte ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht.

Spontaneität und Originalität waren Beckenbauer stets wichtiger als Tiefe. So wurde er zum frühen Meister des Smalltalk, als diese leichte Gesprächsform gesellschaftlich noch nicht so eingeübt und als Schmierstoff für die Karriere angesagt war. Flotte Formulierungen wie „Die Schweden sind keine Holländer“ gehören ins Schatzkästlein jedes Fußballfreundes, die Neuschöpfung „Rumpelfußball“, mit der Beckenbauer während der EM 2000 als „Bild“-Kolumnist das Spiel des DFB- Teams abkanzelte, hat es sogar in deutsche Wörterbücher geschafft.

Wer Beckenbauer erlebt hat, der ahnt, was er von der Bierernsthaftigkeit hielte, mit der im heutigen Fußball über abkippende Sechser oder Holding Six gesprochen wird. Für ihn galt: „Geht’s raus und spielt’s Fußball.“ So viel Charme und Nonchalance wird’s im Fußball nie mehr geben.

Ja mei, der Kaiser. Hat allzu oft schneller geredet als sein Schatten und dabei Formulierungen von sich gegeben, die flott und fröhlich daherkamen, aber verwegen und frech waren. Zwar gelangen Franz Beckenbauer immer wieder treffliche Spitzen, die ihm die wenigsten Getroffenen verübelten.

Beispielsweise, als er bei der WM 1990 Jürgen Klinsmann vergiftet lobte, er habe „über seine Verhältnisse“ gespielt. Oder seine Bemerkung, Otto Rehhagel sei „ein erstklassiger Trainer – in der zweiten Liga“. Oder als er das Team des FC Bayern nach einer Niederlage mit der „Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft“ verglich.

Gelegentlich gab Beckenbauer auch Schmarrn von sich. Dass im DFB-Team „die Frauen hübscher und beweglicher geworden“ seien, würden heute nur umnachtete Twitter-Machos rausposaunen und dafür abgewatscht. Trotzdem meint der FC Bayern, solchen Sexismus weiterhin unter „Die besten Sprüche von Franz Beckenbauer“ auflisten zu können.

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Kaisers Charme und Kaisers Schmarrn

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13.01.2024

Ja mei, der Kaiser. Hat dem deutschen Fußball nicht nur als Spieler eine ungeahnte Leichtigkeit verliehen, sondern auch als Plauderer. Franz Beckenbauer war sein Spaß beim Verfertigen gewitzter Formulierungen stets anzumerken, und wenn ein Geistesblitz bei den Leuten einschlug, huschte ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht.

Spontaneität und Originalität waren Beckenbauer stets wichtiger als Tiefe. So wurde er zum frühen Meister des Smalltalk, als diese leichte Gesprächsform gesellschaftlich noch nicht so eingeübt und als Schmierstoff für die Karriere angesagt war. Flotte Formulierungen wie „Die Schweden sind keine........

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