Dieses Wort hört man aus dem Mund der Kulturstaatsministerin eher selten: Stolz. Es erfülle sie „mit Stolz“, so Claudia Roth in einer soeben veröffentlichten Pressemitteilung, „dass die längst überfällige Cannabis-Legalisierung vom Bündnis internationaler Produktionshäuser offensiv mitgetragen wird“.

Hintergrund dieser neuen Pathos-Tonlage ist die Ankündigung von sieben Produktionshäusern der Freien Szene in Deutschland (unter anderem Kampnagel in Hamburg, HAU in Berlin und Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt), eigene Cannabis-Clubs zu gründen und über diese vom Sommer an Publikum und Kunstschaffende mit Stoff zu versorgen.

Die Kulturstaatsministerin zeigt sich davon beglückt und schwelgt wohlgemut in alten Erinnerungen: „Ich erinnere mich noch aus meiner eigenen Zeit als Dramaturgin und Managerin der Band Ton, Steine, Scherben, wie angstbehaftet das Thema Cannabis-Konsum war.“ Dieses offenbar tiefsitzende Trauma kann jetzt Dank ihres Koalitionskollegen Lauterbach aufgearbeitet werden.

Mit dem 1. April ist die langjährige Legalisierungsdebatte bekanntlich einen Schritt weiter. Und da die staatlich subventionierte Kultur in Deutschland sich ja bekanntlich an der Spitze des Fortschritts stets am wohlsten fühlt, kann es kaum überraschen, dass ihre höchste Repräsentantin schon dort ist.

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Feierlich eröffnet werden sollen die Cannabis-Clubs am 1. Juli auf Kampnagel in Hamburg. Dabei werde man sich, so Intendantin Amelie Deuflhard, „sicherlich auch mal ganz offiziell einen anstecken“. Voraussichtlich also dann zusammen mit der stolzen Kulturstaatsministerin? Gefördert wird die Einrichtung der Cannabis-Clubs jedenfalls aus ihrem angeblich so knappen Budget – und zwar durch Mittel der Förderlinie 420 des Fonds Darstellende Künste.

Disclaimer: Bei aller Zuversicht in die Fortschrittsgläubigkeit der Kulturstaatsministerin: Dass Claudia Roth Cannabis-Clubs mit Geldern aus ihrem Haushalt unterstützen könnte, war ein kleiner, wenn auch wohl nicht ganz unwahrscheinlicher Aprilscherz. Wir hoffen bei all denjenigen, die befürchtet (oder gehofft?) haben, jetzt gehe in der Ampelkoalition alles in Rauch auf, auf Verständnis.

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Claudia Roths High-Kultur?

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01.04.2024

Dieses Wort hört man aus dem Mund der Kulturstaatsministerin eher selten: Stolz. Es erfülle sie „mit Stolz“, so Claudia Roth in einer soeben veröffentlichten Pressemitteilung, „dass die längst überfällige Cannabis-Legalisierung vom Bündnis internationaler Produktionshäuser offensiv mitgetragen wird“.

Hintergrund dieser neuen Pathos-Tonlage ist die Ankündigung von sieben Produktionshäusern der Freien Szene in Deutschland (unter anderem Kampnagel in Hamburg, HAU in Berlin und Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt), eigene Cannabis-Clubs zu gründen und über diese vom Sommer an Publikum und........

© Frankfurter Allgemeine


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