In der Politik können sexistische Bemerkungen Karrieren schnell ein Ende bereiten. Das hat nicht zuletzt der Fall des einstigen Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (damals SPD) mit seiner Bemerkung auf der Reise zum Europapokalfinale gezeigt, bei der er sagte, die Flugbegleiterinnen hätten ihn „hormonell außer Gefecht gesetzt“. Vielen ist auch der Skandal um den FDP-Politiker Rainer Brüderle noch in Erinnerung, der mit der Bemerkung zu einer Journalistin – „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“ – einen Sturm der Empörung unter dem Hashtag „Aufschrei“ auslöste.

Altherrenwitze? Fehlgeleitete Versuche, charmant zu sein? In Unternehmen gebe es das zum Glück nicht mehr, glauben viele. Da verhinderten Compliance-Richtlinien und Gleichstellungsbeauftragte längst, dass irgendjemand benachteiligt werde, sich merkwürdige Blicke oder Bemerkungen gefallen lassen müsse. Weit gefehlt. Wer mit jungen Frauen spricht, die eine Ausbildung in einem männerdominierten Metier begonnen und die Lehre abgebrochen haben, kann zum Beispiel hören, dass sie nicht nur Kaffee hätten kochen wollen und einschlägige Kalender im Pausenraum nicht ertrugen hätten.

Aber nicht nur da, wo es auch nach Meinung der Chefs noch burschikos zugehen darf, fühlen sich jüngere Frauen oft unwohl. Auch in Werbeagenturen, Architekturbüros, Theatern, Behörden, Laboren, Anwaltskanzleien und Beratungsunternehmen werden Frauen offenbar noch häufig in Meetings überhört oder ausgegrenzt und gibt es Fälle, in denen sich einzelne nicht auf den Flur trauen, weil sie wissen, dass jemand sie mit Blicken verfolgt.

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Man kann das als Anstellerei abtun. Das ist aber nicht sinnvoll. Denn Teams sind auf gute Zusammenarbeit angewiesen. Und die gibt es nicht, wenn sexistisches Verhalten geduldet wird. Das schadet Unternehmen, weil sie Arbeitskräfte verlieren und möglicherweise nur schwer neue finden. Oft entlädt sich der Frust nämlich in Bewertungsportalen und schadet so den Arbeitgebern. Daher ist es wichtig, dass nicht nur Konzerne, sondern auch kleinere Betriebe Strukturen gegen Sexismus schaffen, die potentielle Opfer schützen und potentiellen Tätern klarmachen, dass schon ein dummer Witz oder ein falsches Kompliment ihre Karriere beenden kann.

QOSHE - Gefährliche Komplimente - Patricia Andreae
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Gefährliche Komplimente

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29.01.2024

In der Politik können sexistische Bemerkungen Karrieren schnell ein Ende bereiten. Das hat nicht zuletzt der Fall des einstigen Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (damals SPD) mit seiner Bemerkung auf der Reise zum Europapokalfinale gezeigt, bei der er sagte, die Flugbegleiterinnen hätten ihn „hormonell außer Gefecht gesetzt“. Vielen ist auch der Skandal um den FDP-Politiker Rainer Brüderle noch in Erinnerung, der mit der Bemerkung zu einer Journalistin – „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“ – einen Sturm der Empörung unter dem Hashtag „Aufschrei“ auslöste.

Altherrenwitze?........

© Frankfurter Allgemeine


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