Draußen vor der Tür wird „Blut, Blut, Blut, an euren Händen“ skandiert. Und auf Flugblättern stehen Sätze wie „Aufruhr – Widerstand – Es gibt kein ruhiges Schnitzelland!“ Was also ist passiert, dass den Vertretern der Fleischindustrie bei ihrer Zusammenkunft in Mainz so viel Hass entgegenschlägt? Weil sich die Tierhalter, Tierhändler und Schlachter das offenbar auch manchmal fragen, stehen drinnen im Kongresssaal Vorträge auf dem Programm, die mit „Fleisch-Bashing stoppen!“ und „Die neue Realität an Fleischtheke und Kühlregal“ überschrieben sind. Tatsächlich wird in vielen deutschen Haushalten inzwischen über richtige Ernährung und damit eben auch über Fragen der Lebensmittelproduktion und Tierhaltung gesprochen. Aber muss man sich deshalb denn gleich so anbrüllen?

Von einem vernünftigen und sachlich geführten Dialog sind Tierwohl-Aktivisten und Fleischindustrie offensichtlich weit entfernt. Vielleicht sollten beide Seiten ja die Chance im nächsten Jahr nutzen, den umstrittenen Branchentreff – den es aller Voraussicht nach auch im Herbst 2024 wieder in der Fleischwurst-Metropole Mainz geben dürfte – für neue Formate und ein erstes Kennenlernen zu nutzen. So, wie’s diesmal gelaufen ist, stehen die einen schreiend vor der für sie verschlossenen Hallentür, während die anderen, anscheinend doch ziemlich dickfellig und ungerührt, drinnen zum gemeinsamen Winter-Barbecue schreiten.

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Letztlich blieb es einzelnen, nicht zuletzt um ihren eigenen guten Ruf besorgten Mainzer Metzgern überlassen, in öffentlichen Erklärungen zumindest etwas Werbung in eigner Sache zu machen. Dabei sollten, wenn es etwa um Tiertransporte und Massentierhaltung geht, Produzenten, Händler und Konsumenten allesamt ein Interesse daran haben, dass immer wieder auftretende Missstände endlich abgestellt werden.

Den Demonstranten, die in Mainz für „Weck, Tofu un’ Woi“ plädierten und der Überzeugung sind, dass es in Zukunft eh nur vegan gehe, wird das nicht reichen: Sie wollen den Systemwechsel. All jene, die zwar gegen Billigfleisch sind, den Metzgerberuf aber für ehrbar halten, können es mit ihrem Kaufverhalten mit beeinflussen, wie Tiere gehalten und geschlachtet werden.

QOSHE - Tofuschnitzel gegen Fleischwurst - Markus Schug
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Tofuschnitzel gegen Fleischwurst

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22.11.2023

Draußen vor der Tür wird „Blut, Blut, Blut, an euren Händen“ skandiert. Und auf Flugblättern stehen Sätze wie „Aufruhr – Widerstand – Es gibt kein ruhiges Schnitzelland!“ Was also ist passiert, dass den Vertretern der Fleischindustrie bei ihrer Zusammenkunft in Mainz so viel Hass entgegenschlägt? Weil sich die Tierhalter, Tierhändler und Schlachter das offenbar auch manchmal fragen, stehen drinnen im Kongresssaal Vorträge auf dem Programm, die mit „Fleisch-Bashing stoppen!“ und „Die neue Realität an Fleischtheke und Kühlregal“ überschrieben sind. Tatsächlich wird in vielen........

© Frankfurter Allgemeine


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