Das umstrittene Immobilienunternehmen Adler Group muss plötzlich ohne seinen Krisenkünstler Stefan Kristen klarkommen. Mit dem überraschenden Rücktritt des Managers nach nur zwei Jahren als Aufräumer und Verwaltungsratsvorsitzender endet eine kurze, aber beispiellose Ära, während der sich Schlag auf Schlag alptraumhafte Abgründe der Unternehmensführung auftaten und böse Erinnerungen an den Wirecard-Skandal von 2020 weckten.

Als Kirsten vor zwei Jahren als Feuerlöscher geholt wurde, erwähnte er nicht ohne Grund, dass ein Elefant im Raum stehe. Dieser Elefant sei Wirecard. Ein Leerverkäufer hatte Adler Bilanzmanipulation und undurchsichtige Geschäfte zum Nachteil der Aktionäre vorgeworfen, was böse Erinnerungen an den Münchner Zahlungsdienstleister weckte.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass der Fall Adler die Wirtschaft und Gesellschaft zum Glück längst nicht so stark erschüttert hat wie seinerzeit die Insolvenz des Dax-Mitglieds Wirecard. Während im Wirecard-Skandal Aktionäre, Privatanleger und Banken Geld verloren, ließen bei Adler vor allem professionelle Anleiheinvestoren Federn. Solche Akteure haben ihre Risiken oft besser verteilt und besitzen Werkzeuge, mit denen sie sich aus der Patsche manövrieren können.

Adler gibt es anders als Wirecard noch heute, auch weil Kirsten sich für den Bestand des Immobilienunternehmens eingesetzt hat. Trotzdem lässt die Adler-Affäre Anleger, Gläubiger, Mieter und Immobilienprojektpartner fassungslos zurück. Sie fragen sich, wie ein börsennotiertes Unternehmen so lange ohne geprüften Jahresabschluss dastehen kann und warum weder eine forensische Sonderuntersuchung durch Wirtschaftsprüfer noch ein Bilanzkontrollverfahren durch die Finanzaufsicht Bafin klargestellt haben, wer für die Schieflage verantwortlich zu machen ist.

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Immerhin hat Kirsten nach dem Zerwürfnis mit der zuvor zuständigen Wirtschaftsprüfung KPMG inzwischen neue Wirtschaftsprüfer auftreiben können, um endlich die Jahresabschlüsse der Konzernmutter und der Tochtergesellschaften für 2022 prüfen zu lassen. Die beispiellose Suche nach einem Wirtschaftsprüfer hat gezeigt, dass Unternehmen den Weg für eine transparente Bilanzprüfung frei machen müssen, aber auch, dass Wirtschaftsprüfer sich nicht alles gefallen lassen müssen und dürfen. Das ist wenigstens etwas.

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Der Fall Adler hat fassungslos gemacht

7 50
20.02.2024

Das umstrittene Immobilienunternehmen Adler Group muss plötzlich ohne seinen Krisenkünstler Stefan Kristen klarkommen. Mit dem überraschenden Rücktritt des Managers nach nur zwei Jahren als Aufräumer und Verwaltungsratsvorsitzender endet eine kurze, aber beispiellose Ära, während der sich Schlag auf Schlag alptraumhafte Abgründe der Unternehmensführung auftaten und böse Erinnerungen an den Wirecard-Skandal von 2020 weckten.

Als Kirsten vor zwei Jahren als Feuerlöscher geholt wurde, erwähnte er nicht ohne Grund, dass ein Elefant im Raum stehe. Dieser Elefant sei Wirecard. Ein Leerverkäufer hatte Adler........

© Frankfurter Allgemeine


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