Man kann es absurd, obskur oder schlicht merkwürdig nennen – es gibt viele Attribute für das, was die Koalition mit dem Haushalt anstellt. Noch Tage nach der sogenannten Einigung im Kanzleramt ist sie nicht in der Lage, genau zu sagen, was sie plant. So kommt es bröckchenweise heraus und Kritik von vielen Seiten hinterher. Nicht nur die Bauern machen mit Treckerdemonstrationen in Berlin gegen die Abstriche beim Agrardiesel mobil, der Widerstand gegen die Beschlüsse reicht tief ins eigene Ampellager.

Dass der Landwirtschaftsminister seine Branche schützen will, ist weniger überraschend, auch wenn er Cem Özdemir heißt und von den Grünen kommt. Die Umweltpartei hat es traditionell nicht so mit dem konservativen Landvolk, wohl aber die FDP. Ihre Fraktion droht den Plan zu stoppen. Die SPD wiederum wehrt sich gegen das schnelle Aus für die Umweltprämien. Und Finanzminister Christian Lindner bereitet die nationale Kerosinsteuer Bauchschmerzen.

Damit nicht genug, weiß die Koalition noch nicht einmal, ob sie die Schuldenbremse nächstes Jahr aussetzen will. Als möglicher Grund wird die Aufbauhilfe für die Opfer der Flut an der Ahr genannt. Ob das eine „außergewöhnliche Notsituation“ begründet, will die Regierung in Gesprächen mit der Union klären. Es geht um bloße 2,7 Milliarden Euro.

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Das zeugt nicht von einer Überforderung eines Landes, sondern deutet auf eine überforderte Koalition. Der Krieg in der Ukraine kostet den Bund mehr. Deswegen will die Ampel vorerst keine Notlage ausrufen, behält sich das aber vor für den Fall, dass die Lage dort eskaliert und die notwendige Reaktion nicht mit den üblichen Krediten zu stemmen ist. Was selbstverständlich ist, wird als etwas Besonderes verkauft.

Die verworrene Lage bereichert der Finanzminister mit Überlegungen, die Konjunkturkomponente in der Schuldenregel zu ändern. Im Abschwung könnte der Bund etwas mehr Spielraum erhalten, umgekehrt im Aufschwung entsprechend weniger. Darüber kann man reden – nur nicht in einer Zeit, in der die Schuldenbremse als solche infrage gestellt wird. Das zu vermengen ist ungeschickt, um nicht zu sagen: absurd.

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Absurdes Haushaltstheater

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18.12.2023

Man kann es absurd, obskur oder schlicht merkwürdig nennen – es gibt viele Attribute für das, was die Koalition mit dem Haushalt anstellt. Noch Tage nach der sogenannten Einigung im Kanzleramt ist sie nicht in der Lage, genau zu sagen, was sie plant. So kommt es bröckchenweise heraus und Kritik von vielen Seiten hinterher. Nicht nur die Bauern machen mit Treckerdemonstrationen in Berlin gegen die Abstriche beim Agrardiesel mobil, der Widerstand gegen die Beschlüsse reicht tief ins eigene Ampellager.

Dass der Landwirtschaftsminister seine Branche schützen will, ist weniger überraschend, auch........

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