Geschafft, vorbei sind für dieses Jahr die Gedenktage, die auf Vermögenslücken zwischen Frauen und Männern aufmerksam machen. Abgeklungen ist der Frauentag, der daran erinnert, dass das Leben von Frauen in vielen Facetten wunderbar ist, aber in manchen Teilen eklatant hinter Gerechtigkeit und Gleichberechtigung hinterherhinkt.

Froh über das Hinwegziehen dieser Tage sind diejenigen Männer, die solche Gedenktage als Farce empfinden, weil Frauen in Deutschland doch jede Freiheit genießen. Sie könnten sich heute entscheiden, ob sie als kleine Mädchen lieber mit Puppen als mit Autos spielen, als junge Frauen lieber Tierpflegerin als Diplom-Physikerin würden, als erwachsene Frauen für Kinder und damit eher gegen Karriere optieren.

Froh sind auch manche Frauen, dass sich die Aufmerksamkeit für diese Themen nach den Gedenktagen zerstreut. Weil sie es doch aus eigenem Antrieb geschafft haben, diese Karrieren zu machen, und nicht ansatzweise den Eindruck erwecken wollen, diese sei durch das schlichte Frausein gefördert worden.

Die Kritiker der Lohnlückendiskussion führen die Statistik zur Beweisführung an. Die Unterschiede in der Bezahlung von durchschnittlich 18 Prozent seien überwiegend der Tatsache geschuldet, dass Frauen mehr Teilzeit arbeiten. Aus freien Stücken, selbst gewählt.

Die dabei formulierte Freiheit der Einzelnen geschieht aber nicht im luftleeren Raum. Sie ist von den Abhängigkeiten im Umfeld bestimmt. Wo es zu wenig Kita-Plätze gibt, müssen sich Eltern um alternative Betreuung kümmern. Das Angebot hat sich verbessert, aber es herrscht Mangel an Betreuungsangeboten, Geld und dem Bewusstsein für eine sich wandelnde Gesellschaft. Natürlich sollten Frauen mit ihren Lebenspartnern individuell ausfechten, wie Familienleben gestaltet wird und ob sie selbst immer das Auffangnetz für unvorhersehbare Betreuungsnotstände sein müssen. Das sollte nicht die Aufgabe des Staates sein.

In die Debatte aber gehört mehr Ehrlichkeit. Frauen tragen Kinder aus und bringen sie zur Welt. Sie setzen so zwangsläufig im Berufsleben aus, unterbrechen ihre Karrieren, werden von meist männlichen Chefs weniger gesehen und versuchen später Arbeit und Familie mit aller Macht und Kraft unter einen Hut zu bringen – und zahlen nicht selten den Preis der Überlastung. Alleinerziehende sind dabei ein ganz eigenes Thema. Wer unbezahlte Care-Arbeit verrichtet, dazu gehört weit mehr als Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen, hat ein enges Zeitbudget. Karriereförderliches Netzwerken fällt dabei oft hinten runter. Das anzuerkennen ist für eine Gesellschaft, in der Talente, Innovationen und Tatendrang dringend gebraucht werden, entscheidend. Das geht über Statistik hinaus.

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Frauen ziehen sich aber auch zu oft hinter der Grenze der Freiheit zurück und nutzen sie als Entschuldigung, ihre Möglichkeiten nicht auszuschöpfen. Viele Beispiele zeigen, dass sie clevere Investoren sind. Sie wägen klüger ab, lassen sich weniger blenden, wissen Risiken besser einzuschätzen. Von EZB-Präsidentin Christine Lagarde stammt der Satz, dass es die desaströse Finanzkrise 2008 womöglich nicht gegeben hätte, hätte die gefallene Investmentbank nicht Lehman Brothers, sondern Lehman Sisters geheißen.

Die gute Nachricht: Das Engagement von Frauen an der Börse nimmt zu. Spätestens seit der langen Niedrigzinsphase hat sich auch herumgesprochen, dass Immobilien eine werterhaltende, oft sogar eine wertsteigernde Form der Anlage sind. Frauen aber trauen sich zu wenig, sich dieser Anlageklasse zu nähern. Als „Innenarchitektinnen“ ihrer Eigenheime fühlen sie sich berufen, als Vermieterin eigener Immobilien zum Vermögensaufbau trifft man sie nur selten.

Den Frauen selbst muss daran gelegen sein, finanzielle Gleichberechtigung zu erreichen. Eheverträge sind längst erfunden, sie lassen sich über ein ganzes Leben hinweg anpassen, die Auszeit für die Versorgung der gemeinsamen Kindern lässt sich partnerschaftlich ausgleichen – über jeden gesetzlichen Mindestrahmen hinweg. Frauen müssen das aber auch wollen und einfordern. Es geht nicht um Almosen und Zugeständnisse und es geht beileibe nicht nur darum, Altersarmut von Frauen zu verhindern. Es geht um die substanzielle Teilhabe an Absicherung, Wohlstand und Reichtum. Diese Facette der Gleichberechtigung ist die Voraussetzung für gesellschaftlichen Zusammenhalt und für eine fortschrittliche und prosperierende Wirtschaft. Daran sollte allen gelegen sein.

QOSHE - Finanzielle Freiheit von Frauen braucht mehr Wumms - Inken Schönauer
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Finanzielle Freiheit von Frauen braucht mehr Wumms

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18.03.2024

Geschafft, vorbei sind für dieses Jahr die Gedenktage, die auf Vermögenslücken zwischen Frauen und Männern aufmerksam machen. Abgeklungen ist der Frauentag, der daran erinnert, dass das Leben von Frauen in vielen Facetten wunderbar ist, aber in manchen Teilen eklatant hinter Gerechtigkeit und Gleichberechtigung hinterherhinkt.

Froh über das Hinwegziehen dieser Tage sind diejenigen Männer, die solche Gedenktage als Farce empfinden, weil Frauen in Deutschland doch jede Freiheit genießen. Sie könnten sich heute entscheiden, ob sie als kleine Mädchen lieber mit Puppen als mit Autos spielen, als junge Frauen lieber Tierpflegerin als Diplom-Physikerin würden, als erwachsene Frauen für Kinder und damit eher gegen Karriere optieren.

Froh sind auch manche Frauen, dass sich die Aufmerksamkeit für diese Themen nach den Gedenktagen zerstreut. Weil sie es doch aus eigenem Antrieb geschafft haben, diese Karrieren zu machen, und nicht ansatzweise den Eindruck erwecken wollen, diese sei durch das schlichte Frausein gefördert worden.

Die Kritiker der Lohnlückendiskussion führen die Statistik zur Beweisführung an. Die Unterschiede in der Bezahlung von........

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