Schon klar, was Sie, Leserinnen und Leser und Lesende hier jetzt erwarten. Es war Autogipfel im Bundeskanzleramt, da sollte genug Stoff für ein Schlusslicht abfallen. Doch es ist nicht die Zeit für Polemik, schließlich fehlen des kleinlichen Bundesverfassungsgerichts und der noch kleinlicheren Klagewut der merzschen Opposition wegen 60 Milliarden Euro, was nun auch dem Elektroauto wehtut. Das bekanntlich unser aller Zukunft ist, weil CO2-neutral und null mit Braunkohle bestromt, was wiederum alle wissen, nur der notorisch an Tatsachen vorbeiargumentierende Bundesfinanzminister nicht.

* * *

Nun stellt sich die Sache ja so dar, dass um des Kanzlers Tisch lauter Leute sitzen, die 2035, wenn das Ende des europäischen Verbrennungsmotors ernst wird, nicht mehr um des Kanzlers Tisch sitzen. Keiner der Politiker, keiner der Lobbyisten, keiner der Unternehmensführer. Weshalb alle getrost gemeinsam beschwören können, wie super der Hochlauf läuft, dass es nur ein bisschen an der Infrastruktur oder vielleicht ein wenig an bezahlbarem Strom mangelt, die Antriebswende aber ansonsten geritzt ist. Jetzt muss halt nur noch der Kunde, dieses widerspenstige Wesen, überzeugt werden. Weil die Mittel für willensfördernde Subventionen jetzt fehlen, ist Kreativität gefragt. Lösung aus dem in Dingen der Autoindus­trie erfreulich unverdächtigen Umweltbundesamt: höhere Steuern auf gefragte Verbrenner, damit ungefragte Elektriker verbilligen, schon klappt der Wandel. Reform nennt sich so was dann, wie auch die Schuldenbremse reformiert werden soll, weil Abschaffung so unschön klingt.

* * *

Jedenfalls bleibt festzuhalten, der Staat hat kein Ausgabenproblem, es müssen halt mehr Einnahmen her, da wird sich doch was finden lassen. Herausgekommen ist aus dem Autogipfel weiter nichts, nur dass noch im selben Atemzug der VW-Chef die Alarmglocken geläutet hat und Volkswagens Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr gewährleistet sieht, weshalb er Arbeitsplätze streichen wird. Und dass am Tag darauf der Reifenhersteller Michelin angekündigt hat, seine Werke in Karlsruhe und Trier zu schließen. Und dass die Befürchtung im Raume steht, dies seien noch nicht die letzten Schlusslichter gewesen. Aber die Industrie braucht niemand mehr, ein eigenes Auto sowieso nicht. Außer es schneit, oder die Bahn fällt aus. Kommt aber nicht vor.

QOSHE - Der Gipfel - Holger Appel
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Der Gipfel

9 20
03.12.2023

Schon klar, was Sie, Leserinnen und Leser und Lesende hier jetzt erwarten. Es war Autogipfel im Bundeskanzleramt, da sollte genug Stoff für ein Schlusslicht abfallen. Doch es ist nicht die Zeit für Polemik, schließlich fehlen des kleinlichen Bundesverfassungsgerichts und der noch kleinlicheren Klagewut der merzschen Opposition wegen 60 Milliarden Euro, was nun auch dem Elektroauto wehtut. Das bekanntlich unser aller Zukunft ist, weil CO2-neutral und null mit Braunkohle bestromt, was wiederum alle wissen, nur der notorisch an Tatsachen vorbeiargumentierende........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play