In der Bundesregierung werden die Prioritäten neu gesetzt, neu gesetzt werden müssen, seit das Bundesverfassungsgericht der arg freihändigen Verschiebung von Schattenhaushalten Einhalt geboten hat. Welch ein weises Urteil, hantiert die Politik mit vermeintlichen Wohltaten und Subventionen doch in einer Sorglosigkeit und zulasten künftiger Generationen, die sich kein privater Haushalt leisten dürfte. Bundesfinanzminister Christian Lind­ner fällt auf die Füße, dass er nicht die Kraft aufgebracht hat, der Ausgabenmentalität seiner Ministerfreunde wirksam entgegenzutreten. Ob Heizung oder Elektroauto, auch im technischen Bereich wäre Vertrauen auf Marktkräfte statt Regulierungswut mal wieder eine Überlegung wert. Nun war Lindner Anfang November an der Universität in Luzern und hat dort einen halblaunigen Vortrag gehalten.

Mit entlarvender Ehrlichkeit, als träte er bei Dieter Nuhr auf. „Nachdem ich im staatsgläubigen Deutschland lebe und arbeite, bin ich gerne in die freisinnige Schweiz gekommen“, sagt Lindner, er freue sich, „die Luft der Freiheit zu atmen“. Es gibt mit Schweizer Behörden und Schweizer Unternehmen sicher auch andere Erfahrungen, der Hinweis des FDP-Ministers auf die politischen Realitäten in Deutschland indes ist bemerkenswert. Auch seine Sicht auf Technik und Wirtschaft.

Deutschland ruiniere im Zeichen eines verfehlten Umweltideals seine Automobilindustrie. Der Strommix nämlich bestehe zeitweise zu 30 Prozent oder mehr aus Kohleenergie. Wer dann sein Elektrofahrzeug auflade, der habe in Wahrheit einen „Braunkohle-Tesla“, der systemisch mehr CO2 emittiere als ein moderner Diesel. Studenten und Gäste im Luzerner Hörsaal haben geschmunzelt. Hierzulande läuft es einem dabei eher kalt den Rücken herunter. Nicht allein, weil die Diskrepanz innerhalb der Bundesregierung derart deutlich wird. Sondern weil Nuhr und Lindner recht haben könnten.

QOSHE - Braunkohle-Tesla - Holger Appel
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Braunkohle-Tesla

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28.11.2023

In der Bundesregierung werden die Prioritäten neu gesetzt, neu gesetzt werden müssen, seit das Bundesverfassungsgericht der arg freihändigen Verschiebung von Schattenhaushalten Einhalt geboten hat. Welch ein weises Urteil, hantiert die Politik mit vermeintlichen Wohltaten und Subventionen doch in einer Sorglosigkeit und zulasten künftiger Generationen, die sich kein privater Haushalt leisten dürfte. Bundesfinanzminister Christian Lind­ner fällt auf die Füße,........

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