Die CDU in Königstein hat aus der Not heraus ein Experiment gewagt und gewonnen. Sie ist mit einer weithin unbekannten Kandidatin aus dem Wetteraukreis ins Rennen um das Rathaus gegangen – und hat mit Beatrice Schenk-Motzko in der Stichwahl gegen die starke Konkurrenz der Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) gesiegt.

Weil aus den eigenen Reihen niemand um die Nachfolge von Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) kandieren wollte, begab sich der Parteivorstand außerhalb auf die Suche – und fand Ende 2022 die 37 Jahre alte Landesbeamtin aus Bad Vilbel. Die Mutter eines kleinen Sohnes war bereit, die Mitglieder stimmten zu.

Das Rennen war ein Marathon. Wer da antritt, muss durchhalten, auch in den unschönen Abschnitten. Konsequent begann Schenk-Motzko, sich bei den 17.000 Einwohnern der Stadt im Taunus bekannt zu machen. Ohne ihr Zutun sprach sich schnell herum, dass sie die Schwiegertochter eines Königsteiner Ärztepaars ist. Sie selbst redete ausdauernd darüber, die Sanierung von Burg und Bad klug zu finanzieren, Familien zu helfen.

Anfangs stellte die CDU die Verwaltungserfahrung der Kandidatin in den Mittelpunkt. Als feststand, wer die schärfste Mitbewerberin sein würde, warb sie zunehmend mit Schenk-Motzkos frischem Blick. Denn die Kita-Leiterin Nadja Majchrzak von der ALK ist seit vielen Jahren Stadtverordnete – und war schon 2018 in die Stichwahl gekommen. Damals allerdings gegen den erfahrenen Amtsinhaber Helm.

Die ALK setzte rein auf Königsteiner Themen: Bauen nur, soweit der Charakter „unserer Kleinstadt“ erhalten bleibe; kein Halloween-Spektakel auf der Burg. Die CDU erinnerte die Wähler daran, wo Schenk-Motzko verankert ist: in einem Landesverband, der im Hochtaunuskreis traditionell den Landrat und die meisten Rathauschefs stellt. Zwei Tage vor der Stichwahl lief Schenk-Motzko, Beamtin der Hessischen Staatskanzlei, zusammen mit Ministerpräsident Boris Rhein die Hauptstraße entlang. Auf dem Wochenmarkt wurden die beiden von etlichen Bürgermeistern empfangen. Sogar die Waffeln hatten die Form des Schriftzugs CDU.

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Eine Passantin lästerte da noch: „Sie hat es nötig, sich Verstärkung zu holen.“ Aber das Experiment der CDU ist geglückt. Das dürfte nicht unmittelbar an den Wahlempfehlungen von Grünen, SPD und FDP gelegen haben, denn die Basis folgt solchen Ratschlägen selten. Dem Geist nach womöglich schon: Schenk-Motzko konnte die Wähler offenbar eher als Majchrzak überzeugen, dass sie die Stadt mit vereinten Kräften voranbringen will.

Dazu wird gehören, ein gutes Verhältnis zur Konkurrentin aufzubauen. Denn Majchrzak ist Fraktionsvorsitzende der ALK, und die ist in der Stadtverordnetenversammlung die stärkste Kraft vor der CDU. Der Marathon ist geschafft, jetzt beginnt der Ultralauf. Da ist das Tempo geringer, die Strecke aber länger.

QOSHE - Warum die CDU mit einer Außenseiterin siegte - Florentine Fritzen
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Warum die CDU mit einer Außenseiterin siegte

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19.02.2024

Die CDU in Königstein hat aus der Not heraus ein Experiment gewagt und gewonnen. Sie ist mit einer weithin unbekannten Kandidatin aus dem Wetteraukreis ins Rennen um das Rathaus gegangen – und hat mit Beatrice Schenk-Motzko in der Stichwahl gegen die starke Konkurrenz der Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) gesiegt.

Weil aus den eigenen Reihen niemand um die Nachfolge von Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) kandieren wollte, begab sich der Parteivorstand außerhalb auf die Suche – und fand Ende 2022 die 37 Jahre alte Landesbeamtin aus Bad Vilbel. Die Mutter eines kleinen Sohnes war bereit, die Mitglieder stimmten zu.

Das Rennen war ein Marathon. Wer da antritt, muss durchhalten, auch in den unschönen Abschnitten. Konsequent begann Schenk-Motzko,........

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