Das ist keine schöne Vorstellung. In einem Untersuchungsausschuss zum Umgang der hessischen Politiker mit Corona werden auf jeden Fall die damals Handelnden vernommen. Der frühere Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wird, von den Details der Fragestellung unbeeindruckt, erklären, was er schon während der Pandemie immer wieder ausbreitete: dass man Neuland betreten habe und sich auf die Erkenntnisse der Wissenschaftler habe verlassen müssen, die sich aber auch nicht einig gewesen seien. Zudem habe Hessen „besonnen“ im Geleitzug der Länder bleiben müssen.

Auch die beiden besonders involvierten Fachminister für Inneres und Gesundheit, Peter Beuth (CDU) und Kai Klose (Die Grünen), werden auftreten. Mit Bouffier haben sie eines gemeinsam: Sie sind nicht mehr im Amt. Was auch immer man ihnen vorwerfen wird – die gegenwärtige Landesregierung betrifft es nicht.

Untersuchungsausschüsse gelten als „das schärfste Schwert der Opposition“. Doch diese Funktion wird das Gremium, das die AfD anstrebt, nicht erfüllen. Die Bühne der Landespolitik ist für die nachträgliche Auseinandersetzung mit der Pandemie ohnehin nicht der richtige Ort. Weder in Wiesbaden noch in den meisten anderen Bundesländern wurden weitreichende Entscheidungen getroffen, die sich deutlich von der Bundespolitik unterschieden. In der Corona-Krise etablierte sich das Format gemeinsamer Treffen der Regierungschefs von Bund und Ländern. Dort wurde über die gemeinsame Politik zur Bewältigung der Pandemie entschieden, nicht in den Landeshauptstädten. Ein hessischer Untersuchungsausschuss verspricht keine wesentlichen Erkenntnisse.

Die erhofft sich auch die AfD nicht. Sie will mit dieser Veranstaltung Verschwörungstheoretiker und Impfgegner beeindrucken. Aber die Partei ist nicht die erste im Hessischen Landtag, die einen eigentlich überflüssigen Untersuchungsausschuss instrumentalisiert.

Etwas anderes fällt stärker ins Gewicht: Die AfD schreckt nicht davor zurück, bei der Beantragung des Ausschusses die Unterschrift eines Abgeordneten in Anspruch zu nehmen, den sie aufgrund von Kontakten zu Neonazis nicht in die Fraktion aufgenommen hat. Auch der Vorsitzende Robert Lambrou wirft das dünne Mäntelchen der angeblichen „Bürgerlichkeit“ endgültig ab.

Der Vorgang hat damit aber noch eine weitergehende Qualität. Wenn der Untersuchungsausschuss zustande kommt, hat dafür ein Mann den Ausschlag gegeben, den nicht einmal die AfD in ihren Reihen duldet. So weit ist es gekommen in diesem Parlament.

QOSHE - Worum es der AfD wirklich geht - Ewald Hetrodt
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Worum es der AfD wirklich geht

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24.04.2024

Das ist keine schöne Vorstellung. In einem Untersuchungsausschuss zum Umgang der hessischen Politiker mit Corona werden auf jeden Fall die damals Handelnden vernommen. Der frühere Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wird, von den Details der Fragestellung unbeeindruckt, erklären, was er schon während der Pandemie immer wieder ausbreitete: dass man Neuland betreten habe und sich auf die Erkenntnisse der Wissenschaftler habe verlassen müssen, die sich aber auch nicht einig gewesen seien. Zudem habe Hessen „besonnen“ im Geleitzug der Länder bleiben müssen.

Auch die beiden besonders involvierten Fachminister........

© Frankfurter Allgemeine


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