Von Merck kamen zuletzt eher bedrückende Nachrichten. Seit Monaten baut der Dax-Konzern Stellen ab: In Zentralfunktionen wie Einkauf und Recht sollen am Stammsitz Darmstadt bis Ende 2024 rund 550 Arbeitsplätze wegfallen. In der Pharmasparte wurden schon 200 Stellen gestrichen, weitere 100 stehen allein am Stammsitz in der Elektroniksparte zur Disposition.

Dass der Traditionskonzern sich nun von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für Investitionen in ein neues Forschungszentrum feiern lässt, dürfte deshalb manchem (Ex-)Beschäftigten übel aufstoßen. Doch die Einsparungen bei den Personalkosten lassen sich nicht einfach gegen die geplanten Ausgaben von gut 300 Millionen Euro für das „Advanced Research Center“ aufrechnen. Der Titel mag etwas hochtrabend klingen – aber um eine Investition in die Zukunft geht es tatsächlich.

In dem Zentrum sollen rund 550 Mitarbeiter zusammengezogen werden, die bisher in verschiedenen Gebäuden an Neuentwicklungen für Merck arbeiten: dem Design von monoklonalen Antikörpern etwa, die mittels gentechnischer Methoden gezielt auf bestimmte Erreger oder auch Krebszellen abgerichtet werden können. Auch neue Anwendungsmöglichkeiten für mRNA, Moleküle also, wie sie beim Corona-Impfstoff von Biontech zum Einsatz kamen, sollen in dem neuen Forschungszentrum untersucht werden.

Es gehört zur Biotechnologie-Sparte von Merck, genannt Life Science. Sie stellt Vorprodukte und Dienstleistungen für andere Arzneimittelproduzenten bereit. Nach einer starken Nachfrage in den ersten Corona-Jahren sind die Umsätze in dieser Sparte 2023 um rund zehn Prozent eingebrochen. Dass Merck hier dennoch weiter investiert, ist vernünftig – denn auf mRNA und auch monoklonalen Antikörpern ruhen große Hoffnungen für die Entwicklung personalisierter Medikamente, die wegen ihres gezielten Einsatzes weniger Nebenwirkungen haben dürften als klassische Arzneimittel.

Natürlich können diese Erwartungen enttäuscht werden. Das unterscheidet das geplante Forschungszentrum von Merck von dem Bauprojekt des US-Pharmakonzerns Eli Lilly, mit dem der Kanzler zu Monatsbeginn in Alzey feierte. In der Gemeinde in Rheinland-Pfalz soll bis 2027 eine Produktionsstätte für die Abnehmspritzen entstehen, mit denen Lilly Milliarden-Umsätze erzielt. Bis zu 1000 Arbeitsplätze will das US-Unternehmen dort schaffen. Das kann Merck für Darmstadt vorerst nicht versprechen. Das neue Forschungszentrum dürfte aber langfristig zur Sicherung von Stellen am Stammsitz beitragen.

QOSHE - Investition in die Zukunft - Barbara Schäder
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Investition in die Zukunft

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25.04.2024

Von Merck kamen zuletzt eher bedrückende Nachrichten. Seit Monaten baut der Dax-Konzern Stellen ab: In Zentralfunktionen wie Einkauf und Recht sollen am Stammsitz Darmstadt bis Ende 2024 rund 550 Arbeitsplätze wegfallen. In der Pharmasparte wurden schon 200 Stellen gestrichen, weitere 100 stehen allein am Stammsitz in der Elektroniksparte zur Disposition.

Dass der Traditionskonzern sich nun von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für Investitionen in ein neues Forschungszentrum feiern lässt, dürfte deshalb manchem (Ex-)Beschäftigten übel aufstoßen. Doch die Einsparungen bei den Personalkosten........

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