Die Biodiversität ist in einem schlechten Zustand. Und sie schwindet weiter. So ernst dieser Befund des Bundes ist: Die Politik hat es nicht eilig, angemessen darauf zu reagieren.

Das jüngste Beispiel liefert der Streit um eine ökologische Auflage: Ab 1. Januar 2024 hätten Bauern auf 3,5 Prozent ihres Ackerlands die Biodiversität fördern müssen. Doch nun zeichnet sich ab, dass das Parlament die Einführung um ein Jahr verschieben wird – wie schon vor zwei Jahren, als es den Start von 2023 auf 2024 setzte.

Glaubt man der Bauernlobby, waren es damals der Ukraine-Krieg und die Sorge um die sichere Nahrungsmittel­versorgung, die einen Aufschub verlangten. Nun macht sie Mängel bei der geplanten Umsetzung geltend.

Die Bedenken sind zum Teil nachvollziehbar. Offenkundig hat die Verwaltung die ganze Übung mangelhaft aufgegleist. Und das, obschon sie nun ein Jahr mehr Zeit dafür gehabt hat. Wie kann das sein? Ist es Desinteresse? Überforderung? Oder arbeiten die Experten von SVP-Agrarminister Guy Parmelin gegen eine Ökologisierung der Landwirtschaft?

Spätestens der wüste Streit um die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative vor zwei Jahren hat gezeigt: Mehr Naturschutz auf den Äckern ist gegen den Willen der Bauern kaum durchzusetzen. Umso wichtiger ist es, die Bauern auf diesem – zugegebenermassen – schwierigen Weg mitzunehmen. Diese Chance wurde gerade vertan.

Sollte die Bauern­lobby erneut auf eine Verschiebung drängen, würde sie sich selbst entlarven: als rein rückwärts­gewandte Kraft.

Bundesbern hat viele Bauern verärgert und verunsichert. Manch einer von ihnen hat nun kurzerhand Wiesen umgepflügt, die eigentlich kein Ackerland sind, um daraus die gewünschten Flächen für die Förderung der Biodiversität zu machen. Andere wiederum haben sich auf die Neuerung akribisch vorbereitet – und dürften sich jetzt verseppelt vorkommen.

Agrarminister Parmelin ist in nächster Zeit stark gefordert. In der Pflicht steht aber auch die Bauernlobby. Sie muss Hand bieten für eine griffige Umsetzung der neuen Öko-Auflage; bis jetzt hat sie dies nicht wirklich getan.

Sollte die Bauernlobby 2024 im neuen Parlament mit dem erstarkten konservativen Flügel erneut auf eine Verschiebung drängen, würde sie sich selbst entlarven: als rein rückwärtsgewandte Kraft, die den Status quo verteidigen will.

Das allerdings wäre am Ende gegen ihre eigenen Interessen politisiert. Die Landwirtschaft muss ökologischer werden. Sie braucht eine gesunde Artenvielfalt. Ansonsten beraubt sie sich über kurz oder lang ihrer Grundlage.

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QOSHE - Ein schlechtes Signal für die Zukunft - Stefan Häne
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Ein schlechtes Signal für die Zukunft

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27.11.2023

Die Biodiversität ist in einem schlechten Zustand. Und sie schwindet weiter. So ernst dieser Befund des Bundes ist: Die Politik hat es nicht eilig, angemessen darauf zu reagieren.

Das jüngste Beispiel liefert der Streit um eine ökologische Auflage: Ab 1. Januar 2024 hätten Bauern auf 3,5 Prozent ihres Ackerlands die Biodiversität fördern müssen. Doch nun zeichnet sich ab, dass das Parlament die Einführung um ein Jahr verschieben wird – wie schon vor zwei Jahren, als es den Start von 2023 auf 2024 setzte.

Glaubt man der Bauernlobby, waren es damals der Ukraine-Krieg und die Sorge um die sichere Nahrungsmittel­versorgung, die einen Aufschub........

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