So wird das nichts mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Dieser Befund stammt von der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Die oberste Finanzaufsicht des Bundes hat untersucht, was es dem Klimaschutz bringt, wenn sich energieintensive Firmen von der CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe befreien lassen und sich im Gegenzug verpflichten, ihre Treibhausgasemissionen zu senken. Die Wirkung, so das Fazit, ist mittelmässig.

Die Abgabenbefreiung an sich macht Sinn – zumindest solange es keine international koordinierte Klimaabgabe auf fossile Energien gibt. Sie verhindert Wettbewerbsnachteile für Unternehmen in der Schweiz. Und mindert damit das Risiko, dass Firmen ins Ausland abwandern, wo sie dann möglicherweise keinen Klimaauflagen unterliegen.

Höchste Zeit ist es aber, das Instrument zu verschärfen. Der Bund muss mit den abgabebefreiten Unternehmen deutlich ambitioniertere Klimaziele definieren. Und: Verpassen sie die Vorgaben, muss es sie finanziell richtig schmerzen. Nur so entsteht der nötige Druck für eine weitere Dekarbonisierung der Wirtschaft.

Der Bericht der Finanzkontrolle kommt keinen Moment zu früh. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren die einfach umsetzbaren Klimaschutzmassnahmen realisiert; diese tief hängenden Früchte sind zu einem guten Teil geerntet. Die kommende Aufgabe wird damit schwieriger.

Bis 2050 muss die Schweiz klimaneutral werden; so hat es das Stimmvolk beschlossen. Ob Bundesrat und Parlament alles daransetzen, dieses Ziel zu erreichen, ist aber zweifelhaft. Seit Jahren machen sie eine Klimapolitik mit angezogener Handbremse.

Exemplarisch zeigt sich das im laschen Umgang mit den abgabebefreiten Unternehmen. Diese Halbbatzigkeit muss aufhören. Die Eindämmung des Klimawandels ist ein Rennen gegen die Zeit. Die Schweiz, jahrelang vor sich hin getrabt, muss nun umso stärker beschleunigen.

Eine solche Tempoaufnahme erzeugt jedoch Widerstände. Dies umso mehr, als es schärfere Regeln nicht nur für abgabebefreite Unternehmen braucht, sondern im Klimaschutz insgesamt – und damit auch für die CO2-Lenkungsabgabe, welche die Bevölkerung und der Rest der Wirtschaft bezahlen.

Die Politik muss den gegenwärtigen Preis von 120 Franken pro Tonne CO2 deutlich anheben. Weil die Einnahmen aus der Abgabe zum Grossteil an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurückfliessen, würde sich klimafreundliches Verhalten in Zukunft so stärker ausbezahlen.

Nur: 2021 hat das Stimmvolk das CO2-Gesetz und damit neue und höhere Abgaben abgelehnt. Das Narrativ, das seither die Klimapolitik dominiert: Wir wollen die Menschen und Unternehmen nicht mit neuen oder höheren Abgaben belasten, wir zahlen lieber Subventionen – als ob Steuergelder in Milliardenhöhe einfach vom Himmel fielen.

Ein Kurswechsel ist nicht in Sicht. Das neue CO2-Gesetz, das die Klimapolitik von 2025 bis 2030 festlegt, ist im Parlament auf der Zielgeraden – und kaum ambitioniert. Und neue Vorschläge für die Zeit danach haben es überaus schwer. Mitte-Chef Gerhard Pfister schlägt ein umfassendes Lenkungssystem auf alle fossilen Energien vor. Seinem Vorstoss droht im Parlament das vorzeitige Ende.

Das ist beunruhigend. Die Abstimmungsniederlage von 2021 entwickelt sich mehr und mehr zur Hypothek für die Schweizer Klimapolitik.

Fehler gefunden?Jetzt melden.

QOSHE - Diese Halbbatzigkeit muss aufhören - Stefan Häne
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Diese Halbbatzigkeit muss aufhören

6 0
23.01.2024

So wird das nichts mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Dieser Befund stammt von der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Die oberste Finanzaufsicht des Bundes hat untersucht, was es dem Klimaschutz bringt, wenn sich energieintensive Firmen von der CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe befreien lassen und sich im Gegenzug verpflichten, ihre Treibhausgasemissionen zu senken. Die Wirkung, so das Fazit, ist mittelmässig.

Die Abgabenbefreiung an sich macht Sinn – zumindest solange es keine international koordinierte Klimaabgabe auf fossile Energien gibt. Sie verhindert Wettbewerbsnachteile für Unternehmen in der Schweiz. Und mindert damit das Risiko, dass Firmen ins Ausland abwandern, wo sie dann möglicherweise keinen Klimaauflagen unterliegen.

Höchste Zeit ist es aber, das Instrument zu verschärfen. Der........

© Der Landbote


Get it on Google Play