Es begann im vergangenen Sommer. An einem Strassenstand kaufte ich eine Dose Bier. Wie gewohnt, hielt ich danach einfach, ohne hinzusehen, die Karte ans Bezahlgerät. Doch statt den bekannten Bezahlton zu hören, passierte einfach nichts. «Sie müssen noch eingeben, wie viel Trinkgeld sie geben wollen: 5, 10, 15 Prozent oder keines?», ertönte es auf der Gegenseite. Ungläubig schaute ich aufs Gerät, wählte 5 Prozent – und fragte mich, für welche Leistung.

Natürlich, auch ich hatte im Nachgang der Pandemie schon mehrfach ein schlechtes Gewissen. Da hat man gut gegessen und schlicht kein Münz mehr fürs Trinkgeld. Corona und der Siegeszug der Kartenzahlung haben vieles verändert, statt das passende Geld heraussuchen zu müssen, hält man nun einfach seine Karte aufs Terminal.

Das machte sich in der Gastronomie bemerkbar, wo Trinkgeld für die Auskommen der Angestellten plötzlich weniger wurde. Neue Lösungen mussten gefunden werden.

Doch jene, die jetzt umgesetzt wurde, ist alles andere als sympathisch. Erstens ist nicht jede Leistung es wert, mit einem Trinkgeld belohnt zu werden. Trotzdem haben nun auch Stände an Festen oder an der Strasse solche Geräte. Zweitens wird man unter Druck gesetzt, weil die Zahlung erst erfolgen kann, wenn beispielsweise die Option «kein Trinkgeld» gewählt wird. Diese traut man sich aber fast nicht zu wählen, wenn dabei die Bedienung aufs Gerät äugt. Auch sind 5, 10 und 15 Prozent oder gar höhere Zahlen recht happige Beiträge.

Wie wäre es also, wenn dort, wo man auch früher kein Trinkgeld gezahlt hat, auf solche Geräte verzichtet würde oder höchstens die Option «aufrunden» besteht? Und dort, wo man Trinkgeld gibt, nach vollzogener Zahlung diese Option aufblinkt oder einen die Bedienung nett fragt, ob man etwas geben möchte und man dann den Betrag seiner Wahl eintippen kann.

Trinkgeld ist eine persönliche Geste, dem würde so Rechnung getragen. Alles andere nervt.

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QOSHE - Der wenig subtile «Trinkgeldzwang» nervt - Christopher Gilb
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Der wenig subtile «Trinkgeldzwang» nervt

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29.12.2023

Es begann im vergangenen Sommer. An einem Strassenstand kaufte ich eine Dose Bier. Wie gewohnt, hielt ich danach einfach, ohne hinzusehen, die Karte ans Bezahlgerät. Doch statt den bekannten Bezahlton zu hören, passierte einfach nichts. «Sie müssen noch eingeben, wie viel Trinkgeld sie geben wollen: 5, 10, 15 Prozent oder keines?», ertönte es auf der Gegenseite. Ungläubig schaute ich aufs Gerät, wählte 5 Prozent – und fragte mich, für welche Leistung.

Natürlich, auch ich hatte im........

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