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Wann gilt die Ausladung jüdischer Künstler als antisemitisch – und wann nicht?

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17.12.2025

In Deutschland wird derzeit viel über Ausladungen jüdischer und israelischer Künstler und Akademiker diskutiert, die Kulturszene ist in Aufruhr. Allerdings wird es in den etablierten Medien meist nur von einer Seite besprochen – manche Ausladungen werden skandalisiert, andere nicht. Die Künstlerin und Autorin Stella Leder veröffentlichte im Freitag einen Text, in dem sie manche Ausladungen als antisemitisch bewertet. Auch ich sehe Ausladungen jüdischer und israelischer Künstler, und auch ich halte viele dieser Ausladungen für antisemitisch – nur nicht die, von denen Leder spricht.

Von welchen Ausladungen spricht Leder überhaupt?

Leder erwähnt zwei konkrete prominente Beispiele, beide nicht aus Deutschland: Lahav Shani, der in Belgien ausgeladen wurde, und Eva Illouz, die an der Universität Rotterdam ausgeladen wurde.

Sie nennt außerdem die israelischen Schriftsteller Etgar Keret und David Grossman, die in Deutschland „kaum noch eingeladen“ würden. Warum mich diese Aufzählung nicht überzeugt? Weil ich Kerets Beschwerde und Leders Einschätzung nicht ganz nachvollziehen kann: Keret war im April 2025 zu einer Lesung in Frankfurt am Main. Im November 2024 war er in München für eine Lesung und ein Gespräch. Zuvor zeigte das Jüdische Museum Berlin eine Ausstellung, die allein auf Erzählungen von Etgar Keret basierte, will sagen: Keret ist in Deutschland durchaus präsent, und das auch weiterhin.

Ähnliches gilt für David Grossman. Der Schriftsteller wurde im Dezember 2024 mit dem Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf geehrt. Einen Monat zuvor war er in München und wurde dort über das Leben in Israel nach dem 7. Oktober befragt. Von einer dramatischen Abnahme von Einladungen kann kaum die Rede sein.

Die aktuelle Diskussion über die Ausladung oder fehlende Einladung jüdischer Künstler*innen überrascht mich etwas. Jüdische und israelische Künstler*innen werden in Deutschland nicht erst seit dem 7. Oktober ausgeladen, sondern spätestens seit der BDS-Resolution des Bundestags von 2019 – nur wurden diese Ausladungen in den meisten deutschen Medien kaum skandalisiert.

Ich kenne das Problem von Ausladungen auch selbst. Ein Text von mir für ein Portfolio der Heinrich-Böll-Stiftung wurde im Sommer 2024 abgesagt. Ironischerweise war das Thema des Textes die Einschränkung jüdischer Stimmen in Deutschland.

Eine Soloausstellung der jüdischen Künstlerin Candice Breitz wurde im November 2023 abgesagt. Der israelische Philosoph Omri Boehm wurde in........

© der Freitag