menu_open Columnists
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close

Trend | Wie lange können Sie einer Literaturkritik im Radio folgen? 4 Minuten? Oder doch mehr?

10 1
30.11.2025

Guten Abend und herzlich willkommen zum guten Buch zur späten Stunde!“ So eröffnet Denis Scheck das von ihm präsentierte Literaturmagazin Druckfrisch in der ARD. „Der Roman, den ich Ihnen heute als Allererstes empfehlen möchte, ist einer der verführerischsten der gesamten Weltliteratur …“ Scheck in den Straßen von New York, er geht auf die Kamera zu und hält das Cover von Der große Gatsby von F. Scott Fitzgerald ins Bild. Er empfiehlt die Neuauflage in der Übersetzung von Bernhard Robben.

Ein andermal postiert er sich vor dem Weißen Haus in Washington oder steht im Ambiente einer Pariser Buchhandlung. Drei Minuten Zeit nimmt er sich für diese erste Empfehlung, die jedes Mal mit dem Satz endet: „Also vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue, und lesen Sie …“ Dieser Satz duldet keinen Widerspruch. Ganz zu Anfang des Magazins eine Montage aus den wichtigen Hotspots der Sendung und einer markanten Off-Stimme: „Und hier kommt er, Ihr Streiter für das Gute, Schöne, Wahre: Denis Scheck!“ Solche Teaser kennt man aus Fernsehshows mit Johannes B. Kerner, Esther Sedlaczek oder Florian Silbereisen. Und eben bei Denis Scheck, dessen Sendung seit 2003 mehr als 200 Ausgaben hat.

Außerdem empfiehlt er jeden Montag im Kulturmagazin Mosaik auf WDR 3 einen von ihm favorisierten Titel. Pointiert und kenntnisreich setzt er sich gegen den Moderator der Sendung durch. WDR 2 Lesen heißt der „Buchtipp“, den er sonntags im Wechsel mit Christine Westermann vorstellt. Viereinhalb Minuten müssen reichen. Im „lärmenden Formatradio mit seinen krankhaft gut gelaunten Moderatorendarstellern“ (Götz Alsmann) setzt er, im Unterschied zur Kollegin, auch sperrige Titel durch, etwa den zehnten Band von Andreas Maiers Romanzyklus Ortsumgehung.

„Unsere Kulturrubriken“, erklärt eine Redakteurin des WDR, „dienen nicht der feuilletonistischen Aufarbeitung, sondern sind als Service gedacht.“ Schon 2009 äußerte Christine Westermann, sie werde nur „Bücher empfehlen“, die ihr „richtig gut gefallen“ (WDR Print).

Eine „Rezension“, so Dirk Knipphals, Leiter des Ressorts Kultur bei der taz, könne sich in „Richtung Buchtipp bescheiden“ und in „Richtung Essay........

© der Freitag