Die Zahl der Organspender und der gespendeten Organe ist leicht angestiegen, berichtet die Deutsche Stiftung Organtransplan­ta­tion (DSO).

Demnach stieg die Zahl der Organspender 2023 bundesweit im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent auf 965 Spender an. 2022 waren es 869 Spender. Den höchsten Stand an Organspendern hatte es bisher im Jahr 2018 gegeben: 955. 2023 war somit im Zehnjahresvergleich das Jahr mit den meisten sogenannten postmortalen Organ­spendern.

Die Stiftung unterscheidet zwischen Organspendern und gespendeten Organen. Bei den Organen gab es 2023 ebenfalls Zuwachs: um 8,1 Prozent auf 2877. Der Höchststand – ebenfalls 2018 – lag bei 3113 gespendeten Organen. 2023 liegt diesbezüglich im Zehnjah­resvergleich im Mittelfeld.

Bericht: Lauterbach will Nierenspenden erleichtern

22.04.2024

Der medizinische DSO-Vorstand Axel Rahmel und der kaufmännische DSO-Vorstand Thomas Biet schreiben deshalb zu den Zahlen: „Ein Grund zur Freude? Ja und auch nein“, berichtet das Ärzteblatt. Mit den neuen Zahlen könne man „gerade einmal den unerwarteten Rückgang“ im Jahr 2022 kompensieren. „Wir sind damit so gesehen wieder auf dem Niveau, auf dem wir in den Jahren seit 2018 verweilen.“

Angesichts von rund 8400 schwer kranken Patienten auf den Wartelisten für ein Spenderorgan seien diese Zahlen viel zu niedrig, so das Ärzteblatt.

Der Zuwachs im vergangenen Jahr mache aber Hoffnung darauf, dass nach einer pandemiebedingten Verzögerung die gesetzlichen Maßnah­men „endlich“ greifen, die seit April 2019 die strukturellen Probleme bei der Organspende in den sogenannten Entnahmekrankenhäusern beheben sollten.

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23.04.2024

Um die Zahl der Organspenden zu er­höhen, sei die zuverlässige Identifizie­rung möglicher Organspender in Krankenhäusern elementar, genau wie die bestmögliche Nutzung der zur Verfügung stehenden Organe – und nicht zuletzt die Förderung der Bereitschaft in der Bevölkerung, Organe zu spenden, betonen Rahmel und Biet.

Transplantiert wurden 2023 insgesamt 2986 Organe. Die Zahl ist etwas höher als die der gespendeten Organe, weil auch im Ausland entnommene Organe transplantiert wurden.

Auf der Warteliste standen zum 31. Dezember 2023 hingegen insgesamt 8716 benötigte Organe. Die meisten Patienten warteten zu diesem Zeitpunkt auf eine Niere (6513), gefolgt von Leber (871), Herz (690), Lunge (325) und Pankreas (317), also Bauchspeicheldrüse.

Es wurden auch Daten dazu erhoben, wie viele Menschen 2023 gestorben sind, bevor ein geeignetes Spenderorgan für sie gefunden oder transplantiert werden konnte: Es waren bundesweit 289 Nieren-, 251 Leber-, 72 Herz-, 38 Lungen- und 18 Pankreaspatienten.

Vor allem Nieren werden also offenbar benötigt, und zu diesem Thema hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gerade erneut eine Debatte angestoßen. Er möchte eine gesetzliche Neuregelung zur Nierenlebendspende in Deutschland einführen.

Derzeit warten etwa 6500 Patienten hierzulande allein auf eine Spenderniere, wobei die aktuelle Wartezeit auf eine postmortal gespendete Niere im Schnitt sechs bis acht Jahre beträgt.

Eine lebensrettende Alternative zur postmortalen Organspende kann deshalb die Lebendspende sein. In Deutschland ist jede fünfte Nierenspende eine Lebendspende, die in §8 des Transplantationsgesetzes (TPG) geregelt wird.

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Danach kann eine Lebendspende von nahestehenden Personen erfolgen. Doch nicht immer sind diese Spendernieren für den Patienten geeignet, etwa aufgrund einer Blutgruppenunverträglichkeit.

Lauterbach plant deshalb eine Änderung des Gesetzes, womit die sogenannte Überkreuzspende erleichtert werden soll. Aus dem Referentenentwurf geht hervor, dass künftig auch ohne besonderes Näheverhältnis über Kreuz gespendet werden können soll. Nur die betroffenen Spenderpaare müssen weiter jeweils einander nahestehen, etwa durch eine Ehe oder eine enge Verwandtschaftsbeziehung.

Bei der Überkreuzspende (Crossover-Lebendspende) geht das Organ nicht von der spendenden Person an die entsprechend nahestehende Person, sondern über Kreuz an eine besser passende Person eines zweiten Transplantationspaares, das untereinander ebenfalls nicht ausreichend kompatibel ist.

Die spendende Person des Transplantationspaares eins gibt ihr Organ an die empfangende Person des Transplantationspaares zwei und im Gegenzug andersherum. Damit solche Spenderpaare zusammenfinden, gibt es auch bereits Cross-Spender-Datenbanken.

Um Geschäftemacherei zu verhindern, soll die Spende laut dem Referentenentwurf aus Lauterbachs Ministerium aber anonym erfolgen und von Transplantationszentren organisiert werden. Auch sollen dem Bericht zufolge grundsätzlich anonyme Nierenspenden möglich werden. So könnten Menschen in Deutschland künftig aus selbstlosen Motiven eine Niere spenden, ohne dass sie wissen, an wen sie geht. In den USA etwa ist dies schon länger möglich.

Sowohl die Ampelkoalition als auch Vertreter der Opposition unterstützen das Vorhaben Lauterbachs zur Gesetzesänderung, berichtet erfreut das Ärzteblatt.

„Es wurde höchste Zeit, dass das Potenzial der altruistischen Lebendspende für die Entlastung der Wartelisten endlich auch im Bundesgesundheitsministerium erkannt wird, nachdem Minister Spahn und die CDU/CSU-Fraktion entsprechende Änderungen in der letzten Wahlperiode noch vehement blockiert haben“, sagte die FDP-Ge­sund­heits- und Rechtsexpertin Katrin Helling-Plahr.

Auch die Grünen lobten die geplante Reform. Sie sei „richtig und wichtig“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher Janosch Dahmen dem Magazin Stern. In einer älter werdenden und chronisch kränkeren Gesellschaft werde der Bedarf an Nierenspenden steigen und gleichzeitig der Anteil passender Spenderorgane abnehmen. Oberste Priorität müssten aber stets „die vollständige Freiwilligkeit jedweder Spende und der umfassende medizinische Schutz vor und nach einer Lebendspende sein“.

Eine Neuregelung sei ein Lichtblick für viele Tausend Betroffene, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU). Ent­schei­dend sei nun, dass sie schnell und bürokratiearm umgesetzt werde. Aber: „Auch ethische Fragen dürfen nicht unterschätzt werden.“

Auch der Leiter des Nierentransplantationszentrums an der Charité Berlin, Klemens Budde, hält die neue Regelung für überfällig: „Jeder Schritt zu mehr Spenden hilft, Menschen von der Dialyse zu befreien und von der Warteliste des Leids zu holen“, sagte Budde dem Stern. Allerdings dürfe man sich keine Illusionen machen: Den grundsätzlichen Mangel an Spenderorganen werde eine solche Neuregelung „nur unwesentlich verbessern“.

QOSHE - Neuregelung der Organspende: „Ethische Fragen dürfen nicht unterschätzt werden“ - Tomasz Kurianowicz
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Neuregelung der Organspende: „Ethische Fragen dürfen nicht unterschätzt werden“

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25.04.2024

Die Zahl der Organspender und der gespendeten Organe ist leicht angestiegen, berichtet die Deutsche Stiftung Organtransplan­ta­tion (DSO).

Demnach stieg die Zahl der Organspender 2023 bundesweit im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent auf 965 Spender an. 2022 waren es 869 Spender. Den höchsten Stand an Organspendern hatte es bisher im Jahr 2018 gegeben: 955. 2023 war somit im Zehnjahresvergleich das Jahr mit den meisten sogenannten postmortalen Organ­spendern.

Die Stiftung unterscheidet zwischen Organspendern und gespendeten Organen. Bei den Organen gab es 2023 ebenfalls Zuwachs: um 8,1 Prozent auf 2877. Der Höchststand – ebenfalls 2018 – lag bei 3113 gespendeten Organen. 2023 liegt diesbezüglich im Zehnjah­resvergleich im Mittelfeld.

Bericht: Lauterbach will Nierenspenden erleichtern

22.04.2024

Der medizinische DSO-Vorstand Axel Rahmel und der kaufmännische DSO-Vorstand Thomas Biet schreiben deshalb zu den Zahlen: „Ein Grund zur Freude? Ja und auch nein“, berichtet das Ärzteblatt. Mit den neuen Zahlen könne man „gerade einmal den unerwarteten Rückgang“ im Jahr 2022 kompensieren. „Wir sind damit so gesehen wieder auf dem Niveau, auf dem wir in den Jahren seit 2018 verweilen.“

Angesichts von rund 8400 schwer kranken Patienten auf den Wartelisten für ein Spenderorgan seien diese Zahlen viel zu niedrig, so das Ärzteblatt.

Der Zuwachs im vergangenen Jahr mache aber Hoffnung darauf, dass nach einer pandemiebedingten Verzögerung die gesetzlichen Maßnah­men „endlich“ greifen, die seit April 2019 die strukturellen Probleme bei der Organspende in den sogenannten Entnahmekrankenhäusern beheben........

© Berliner Zeitung


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