Mehr als 450 jüdische Künstler und Führungskräfte aus Hollywood haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die Dankesrede des britischen Regisseurs Jonathan Glazers anlässlich der Oscar-Verleihung für seinen Film „The Zone of Interest“ anprangern. Das berichtet das Hollywood-Branchenblatt Variety.

In dem Brief heißt es analog zu Glazers eigener Rede: „Wir lehnen es ab, dass unser Jüdischsein gekapert wird, um das Nazi-Regime, das ein ganzes Volk auslöschen wollte, moralisch gleichzusetzen mit einer israelischen Nation, die versucht, ihre eigene Auslöschung abzuwenden.“

Erinnert „The Zone Of Interest“ an Gaza? Erbitterte Debatte um Film

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Glazer lehnte es laut Variety ab, sich dazu zu äußern.

Zu den Unterzeichnern gehören Schauspielerinnen und Schauspieler (Debra Messing, Tovah Feldshuh, Jennifer Jason Leigh), Führungskräfte (Gary Barber, Gail Berman), Regisseure (Eli Roth, Rod Lurie) und Produzenten (Lawrence Bender, Amy Pascal, Hawk Koch, Sherry Lansing).

In dem offenen Brief heißt es weiter: Der Gebrauch von Worten wie ‚Besatzung‘, um ein indigenes jüdisches Volk zu beschreiben, das sein Jahrtausende altes Heimatland verteidigt, das von den Vereinten Nationen als Staat anerkannt worden ist, verzerrt die Geschichte. Und es macht eine moderne Ritualmordlegende glaubwürdig, die anti—jüdische Hassgefühle auf der ganzen Welt befeuert, in den USA und in Hollywood.“

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17.03.2024

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Das Schreiben reagiert auf die kontrovers diskutierte Dankesrede, die Jonathan Glazer bei der Oscar-Verleihung am 10. März im Dolby Theatre in Los Angeles gehalten hat, wo sein Film „The Zone of Interest“ als Bester Internationaler Film ausgezeichnet worden ist. Sandra Hüller spielt darin die Frau des Auschwitz-Kommandanten Höß (Christian Friedel). Glazer sagte in seiner vorbereiten Rede, die er von einem Blatt ablas, dass sein Film nicht von der Vergangenheit handle, sondern von der Gegenwart, dass er zeige, wohin Entmenschlichung auch heute noch führen könne.

Glazer weiter: Die Männer auf der Bühne – hinter ihm standen sein Produzent und der Mann, der seinen Film finanziert hat, verwehrten sich dagegen, dass ihre jüdische Identität und Holocaust gekapert worden seien, um eine Besatzung zu rechtfertigen, die zahlreiche unschuldige Menschen zu Opfern eines Konflikts mache –am 7. Oktober des vergangenen Jahres in Israel sowie heute während der israelischen Angriffe im Gazastreifen.

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Glazer erhielt für seine Rede Applaus, aber seitdem ist eine erbitterte Debatte über seine Worte ausgebrochen und auch über den Film selbst. Wer den Offenen Brief initiiert hat, ist laut Variety unklar.

Der Schauspieler Brett Gelman(„Stranger Things“, „Fleabag” ) sagte laut Variety nach der Oscar-Verleihung, dass es niemanden gekümmert hab, wie Juden auf eine solche Rede reagieren würden, auf den Applaus, die roten Anstecker, während nicht einmal die Geiseln erwähnt worden seien. „Das ist einfach unheimlich schmerzhaft.“

Variety zitiert auch den Regisseur Jonathan Jakubowicz, der ebenfalls einen Holocaust-Film gemacht hat: „Herr Glazer benutzt die Erinnerung an die Opfer der Gaskammern, um diejenigen anzugreifen, die versuchen, Holocaust-Überlebende und ihre Angehörigen aus der Gefangenschaft und sexueller Sklaverei zu befreien.“

Der Rabbiner Marvin Hier, ein zweifacher Oscar-Gewinner und Gründer des Simon Wiesenthal Center, sagte laut Variety, nicht nur Glazers Rede habe ihn abgestoßen, sondern auch die Reaktion auf seine Worte im Dolby Theatre. „Ich konnte es nicht glauben. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gedacht, das ist eine Demonstration für Hamas. Wo war das Publikum? Die Leute hätten aufstehen und buhen müssen.“ So habe Glazer die Preisverleihung mit dem Gefühl verlassen, alles sei in Ordnung.

QOSHE - Jetzt werfen jüdische Hollywood-Künstler Jonathan Glazer vor, er setze die Nazis mit Israel gleich - Susanne Lenz
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Jetzt werfen jüdische Hollywood-Künstler Jonathan Glazer vor, er setze die Nazis mit Israel gleich

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19.03.2024

Mehr als 450 jüdische Künstler und Führungskräfte aus Hollywood haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die Dankesrede des britischen Regisseurs Jonathan Glazers anlässlich der Oscar-Verleihung für seinen Film „The Zone of Interest“ anprangern. Das berichtet das Hollywood-Branchenblatt Variety.

In dem Brief heißt es analog zu Glazers eigener Rede: „Wir lehnen es ab, dass unser Jüdischsein gekapert wird, um das Nazi-Regime, das ein ganzes Volk auslöschen wollte, moralisch gleichzusetzen mit einer israelischen Nation, die versucht, ihre eigene Auslöschung abzuwenden.“

Erinnert „The Zone Of Interest“ an Gaza? Erbitterte Debatte um Film

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Glazer lehnte es laut Variety ab, sich dazu zu äußern.

Zu den Unterzeichnern gehören Schauspielerinnen und Schauspieler (Debra Messing, Tovah Feldshuh, Jennifer Jason Leigh), Führungskräfte (Gary Barber, Gail Berman), Regisseure (Eli Roth, Rod Lurie) und Produzenten (Lawrence Bender, Amy Pascal, Hawk Koch, Sherry........

© Berliner Zeitung


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