Die Europäische Union will eigentlich weniger Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) aus Russland beziehen. Doch ein schneller Stopp der Bezüge würde Europa vor große Herausforderungen stellen. Die EU-Energieaufsichtsbehörde Acer teilte am Freitag mit, dass die EU weiterhin russisches LNG importieren muss. Andernfalls drohe dem Kontinent ein „Energieschock“.

In einem Schreiben der Behörde, über das die Financial Times zuerst berichtete, wird gewarnt, dass die EU äußerst vorsichtig vorgehen müsse, wenn sie die Importe von russischem LNG reduzieren will. Denn Ende des Jahres werde das Angebot an Pipelinegas aus Russland zurückgehen. „Die Reduzierung der russischen LNG-Importe sollte schrittweise erfolgen“, heißt es in dem Acer-Bericht. Die EU-Kommission will bis 2027 alle Importe fossiler Brennstoffe aus Russland einstellen.

Ob das gelingen wird? Zwar konnte die EU seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 russisches Pipelinegas durch Flüssigerdgas ersetzen. Doch seitdem ist Russland zu Europas zweitgrößtem LNG-Lieferanten nach den USA aufgestiegen. Rund 16 Prozent der Gesamt-LNG-Importe in die EU stammten 2023 aus Russland, berichtet die FT. Demnach haben die EU-Mitgliedstaaten im vergangenen Jahr 15,5 Millionen Tonnen russisches LNG gekauft - fast 40 Prozent mehr als im Jahr 2021.

Das russische LNG wird vor allem von Frankreich, Spanien und Belgien importiert und zum Teil an Deutschland und seine mitteleuropäischen Nachbarn weiterverkauft. Wie die FT unter Berufung auf EU-Beamte berichtet, drängen Länder wie Schweden, Finnland und die baltischen Staaten darauf, dass die EU ein sofortiges vollständiges Verbot für russisches Flüssiggas verhängt. Beamte der Mitgliedsstaaten werden nächste Woche bei der EU-Kommission über den Plan sprechen, heißt es. Um eine solche Maßnahme umzusetzen, ist Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten erforderlich.

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In der vergangenen Woche hatte das EU-Parlament neue Regeln gebilligt, die es Mitgliedstaaten erlauben sollen, ihre Gasimporte aus Russland und Belarus zu senken. EU-Beamte haben europäische Unternehmen aufgefordert, den Kauf von russischem Flüssigerdgas zu drosseln, da sich die Gasvorräte auf Rekordniveau befinden und die Preise seit dem Höchststand nach der Invasion gesunken sind. Die EU-Aufsichtsbehörde zeigte sich besorgt darüber. Dadurch würden langfristige Lieferverträge infrage gestellt, die bereits vor der Invasion in der Ukraine mit Moskau geschlossen wurden. Ein Bruch solcher Verträge könnte europäische Unternehmen zur Zahlung empfindlicher Strafen zwingen, heißt es. Die neuen Befugnisse bedürfen allerdings noch der endgültigen Zustimmung der Mitgliedstaaten.

Die Regulierungsbehörde wies außerdem darauf hin, dass die Ukraine ab dem kommenden Jahr kein russisches Gas mehr in die EU liefern will. Dies hätte zur Folge, dass 13,6 Milliarden Kubikmeter weniger Gas oder etwa vier Prozent des Gesamtverbrauchs der EU im letzten Jahr zur Verfügung stünden.

QOSHE - „Energieschock“ droht: EU bleibt auf russische LNG-Importe angewiesen - Simon Zeise
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„Energieschock“ droht: EU bleibt auf russische LNG-Importe angewiesen

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19.04.2024

Die Europäische Union will eigentlich weniger Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) aus Russland beziehen. Doch ein schneller Stopp der Bezüge würde Europa vor große Herausforderungen stellen. Die EU-Energieaufsichtsbehörde Acer teilte am Freitag mit, dass die EU weiterhin russisches LNG importieren muss. Andernfalls drohe dem Kontinent ein „Energieschock“.

In einem Schreiben der Behörde, über das die Financial Times zuerst berichtete, wird gewarnt, dass die EU äußerst vorsichtig vorgehen müsse, wenn sie die Importe von russischem LNG reduzieren will. Denn Ende des Jahres werde das Angebot an Pipelinegas aus Russland zurückgehen. „Die Reduzierung der russischen LNG-Importe sollte schrittweise erfolgen“, heißt es in dem Acer-Bericht. Die EU-Kommission will bis 2027 alle........

© Berliner Zeitung


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