Platinblonde Damen mit Diamantschmuck und Pelzjacke? Ja, wo sind sie denn auf den Berliner Straßen? Die Rede ist von den sogenannten „Mob Wives“. So werden im Englischen die Ehefrauen von Mafiabossen genannt, deren leicht trashiger 80er-Look gerade der meistbesprochene Stiltrend des noch jungen TikTok-Jahres 2024 ist.

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25.01.2024

Ausgegangen wird bei den TikTokern dabei von einer glamourösen Divenfigur, die sich vor allem durch Mafiafilme und -serien in unser kulturelles Gedächtnis eingeschrieben hat. Sowohl Guardian als auch New York Times vermuten, der Trend sei im Januar vor allem durch die HBO-Werbekampagne zum 25-jährigen Jubiläum der Mafiaserie „Sopranos“ ausgelöst worden. Die Rolle der Gangster-Mama Carmela Soprano spielte darin Edie Falco, ihr Look wird oft auf TikTok zitiert. Genauso wie der von Ginger aus „Casino“, gespielt von Sharon Stone.

In manchen Modemagazinen wird die Mob Wife zudem als Antagonistin des Quiet Luxury interpretiert; also als Gegenspielerin eines Trends, der seit etwa Mitte letzten Jahres die „stillen Outfits“ feiert. Auch die vielen Werbekampagnen mit reiferen Frauen könnten zur Popularisierung dieser weiblichen Persona beigetragen haben (ein Mafiaboss ist ja meist schon in seinen 50ern – entsprechend ist die Frau seiner Kinder auch nicht mehr die Jüngste).

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Im echten Leben haben die Frauen in mafiösen Strukturen allerdings wenig zu lachen, denn sie befinden sich mit ihren Familien stets in Gefahr. Neben den Mob Wives betrifft das auch die Mob Sisters oder Mob Daughters, wie Victoria Gotti aus dem berühmten Gotti-Camorra-Clan. Auch Donatella Versace könnte rein optisch eine echte Mafia-Schwester sein, auch wenn die Verbindungen ihres Bruder Gianni Versace in die Unterwelt bis heute nicht geklärt sind.

Doch zurück nach Deutschland und Berlin: Hier halten wir immer noch Ausschau nach dem modischen Mob-Wife-Nachwuchs - doch wir können ihn einfach nicht entdecken. Wir erklären warum.

Es wäre eine Zumutung für die stolzen Berliner Frauen, müssten sie sich in traditionelle Rollenbilder quetschen. Die Gattin eines Mafiosos ist nämlich in erste Linie Hausfrau und Mutter. Sie verliert kein Wort über die Machenschaften der Familie und hält sich devot im Hintergrund. Der Mann ist der Macher. Dafür wird sie mit Schmuck behangen, geehrt und ausgeführt.

Ob Echtpelz oder Plastiknerz, beides ist nicht gut. Gerade die aufgeklärte Berliner Bevölkerung steht diesem Kleidungsstück im Moment sehr skeptisch gegenüber. Die nachhaltige Methode, um an die kuschligen Teile zu kommen, wäre nur ein Kauf im Vintage-Shop. Doch wenn man danach jedem erklären muss, wo das Fell herkommt und dass dafür weder frisches Blut noch Erdöl floss, macht das Ganze auch keinen Spaß mehr.

Es gibt einen Grund, warum in Berlin alle Boots tragen: Die eleganten High Heels der Mobster-Frauen wären in der holprigen Hauptstadt in Nullkommanix hinüber. Außerdem regnet es hierzulande öfter als in Italien und Limousinen mit Fahrer haben keine Tradition in Mein-Auto-bin-ich-Deutschland; das bedeutet den schnellen Tod der Echtledersohlen der Jimmy Choos, Louboutins oder Manolos! Der Look scheitert in Berlin also bereits aus technischen Gründen.

Gerade die älteren Generationen sortieren Gesichtsbräune, falsche Wimpern und Nägel sofort prekären Bevölkerungsschichten der Außenbezirke zu. Das kann im Alltag schonmal eine Hürde darstellen, sei es beim Bäcker oder im Büro. Dazu tragen Mob Wives oft Weiß oder Pastellfarben, was in Berlin ebenfalls nicht gern gesehen wird; denn hier regiert bekanntlich die schwarze Streetwear. Nicht umsonst hat Anna-Maria Ferchichi, bislang Berlins einzige öffentlich präsente echte Mob Wife, die Stadt mit ihrem Mann Bushido längst in Richtung Dubai verlassen.

Sollte sich TikTok demnächst mit dem Typus „Spielerfrau“ beschäftigen, dann wäre das für Berlin eine echte Alternative zur Mob Wife. Denn: Ein gepimpter Look aus Jogginganzug, Sneakern und Co. ist für unsere Hauptstadt wie geschaffen.

QOSHE - Leben als Mafiabraut: 4 Gründe, warum der „Mob Wife“-Trend in Berlin nicht funktioniert - Sabine Röthig
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Leben als Mafiabraut: 4 Gründe, warum der „Mob Wife“-Trend in Berlin nicht funktioniert

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02.02.2024

Platinblonde Damen mit Diamantschmuck und Pelzjacke? Ja, wo sind sie denn auf den Berliner Straßen? Die Rede ist von den sogenannten „Mob Wives“. So werden im Englischen die Ehefrauen von Mafiabossen genannt, deren leicht trashiger 80er-Look gerade der meistbesprochene Stiltrend des noch jungen TikTok-Jahres 2024 ist.

Auf der Social-Media-Plattform hat sich die Generation Z gerade in den Retrostyle der neureichen Kriminellengattin verliebt.

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Ausgegangen wird bei den TikTokern dabei von einer glamourösen Divenfigur, die sich vor allem durch Mafiafilme und -serien in unser kulturelles Gedächtnis eingeschrieben hat. Sowohl Guardian als auch New York Times vermuten, der Trend sei im Januar vor allem durch die HBO-Werbekampagne zum 25-jährigen Jubiläum der Mafiaserie „Sopranos“ ausgelöst worden. Die Rolle der Gangster-Mama Carmela Soprano spielte darin Edie Falco, ihr Look wird oft auf TikTok zitiert. Genauso wie der von Ginger aus „Casino“, gespielt von Sharon........

© Berliner Zeitung


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