Elf Jahre wurde geplant, umgeplant, neu geplant. Am Donnerstag konnte Eva Exner von den Berliner Wasserbetrieben endlich verkünden: „Ich freue mich riesig, dass wir jetzt anfangen können.“ Doch nicht jeder wird die Euphorie der Netzbau-Chefin teilen. Denn für das große Leitungsbauprojekt, das am 15. April in die Vollen geht, muss auf der Landsberger Allee in Lichtenberg der Autoverkehr spürbar eingeschränkt werden – bis 2029. Für die Nutzer einer anderen Hauptverkehrsstraße, des Kaiserdamms in Charlottenburg, haben die Wasserbetriebe dagegen gute Nachrichten parat.

Mit einer ersten Wutwelle wurden die Planer schon konfrontiert. Auf dem Mittelstreifen der Landsberger Allee wurden im Februar 63 Bäume gefällt. Die lange Mittelinsel wird benötigt, damit der Straßenverkehr in den kommenden Jahren nicht zu stark eingeschränkt werden muss. Doch das sei immer noch stadtverträglicher, als die provisorischen Fahrbahnen rechts und links an den Straßenrändern anzulegen, erklärte Eva Exner. „Dann hätten wir mindestens die doppelte Zahl von Bäumen fällen müssen.“

An der Vorgabe der Verwaltung war nicht zu rütteln: Während der gesamten Bauzeit müssen dem Kraftfahrzeugverkehr zwei Fahrstreifen pro Richtung bleiben – heute sind es drei. Größere Einschränkungen soll es nicht geben, schließlich seien in der Landsberger Allee täglich bis zu 50.000 Autos und Lkw unterwegs. Die Straßenbahn soll nicht beeinträchtigt werden. Sperrungen werde es aber trotzdem geben – vor allem 2027 und 2028. Das liegt zum Teil daran, dass die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Gleise sanieren. Laut Senat werden die M13 und 16 rund 35 Wochen lang unterbrochen, die M5 und M6 circa 14 Wochen. Die M5, M6, M8 und 18 sind sechs, dann acht Wochen dicht.

Der Abschnitt, um den es bis Ende 2029 geht, ist gerade mal zwei Kilometer lang. Die Wasserbetriebe bauen in der Landsberger Allee zwischen dem gleichnamigen S-Bahnhof und der Vulkanstraße. „Doch es handelt sich um ein Mammutprojekt“, sagte Christoph Donner, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens.

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02.04.2024

Unter der stadtauswärts führenden Fahrbahn verlaufen vier bis zu 1,20 Meter mächtige Trinkwasserleitungen sowie zwei Abwasserdruckleitungen, die ebenso groß sind. Die insgesamt mehr als elf Kilometer langen Rohre stammen von 1900 und 1935. Experten haben Bruchgefahr diagnostiziert. Der Verkehr und die Tatsache, dass die Leitungen dicht unter der Oberfläche verlaufen, würden den Stress noch verstärken, warnen sie. Nach so vielen Jahren ist Ersatz nötig – sonst müssten große Teile der Stadt Durst leiden.

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„Durch die Trinkwasserleitungen fließen rund elf Prozent des gesamten Berliner Wasserbedarfs“, erklärte Donner. Das sind rund 25 Millionen Kubikmeter. Das wichtige Lebensmittel kommt in diesem Fall aus dem Osten der Stadt. Vom Wasserwerk Friedrichshagen gelangt das gereinigte Tiefenwasser zum Zwischenpumpwerk in der Vulkanstraße. Dort übernehmen die Leitungen, um die es demnächst geht, und leiten das Wasser stadteinwärts weiter. Wer in Prenzlauer Berg wohnt, bereitet seinen Tee oder Kaffee mit großer Wahrscheinlichkeit mit Trinkwasser zu, das unter der Landsberger Allee unterwegs war. Auf die dortige Infrastruktur sind 100.000 Berliner angewiesen.

Nun entstehen unter der Fahrbahn stadteinwärts neue Trinkwasserleitungen. Die Abwasserleitungen bekommen Innenrohre aus Polyethylen, kurz PE. Damit sie beim Verlegen flutschen, wird Salatöl genutzt, das ist biologisch abbaubar. Wenn diese Teile des Projekts fertig sind, können die alten, nicht mehr gebrauchten Leitungen in der südlichen Straßenhälfte gesichert und „totgelegt“ werden – so nennen die Bauleute die Stilllegung. Die Rohre bleiben also im Boden. „Das spart enorm Bauzeit“, sagt der Chef der Wasserbetriebe. Der Verzicht auf den Ausbau helfe auch der Umweltbilanz.

Gebaut wird im Zweischichtbetrieb, sechs Tage in der Woche, aber nicht spätabends und nachts. Im September will das Unternehmen Anwohner und andere Interessierte zu einem Tag der offenen Baustelle einladen. Aktuell wird mit Kosten in Höhe von 69,7 Millionen Euro gerechnet, aber die Kalkulatoren haben die Inflation im Blick. Deshalb wies das Unternehmen am Donnerstag vorsorglich darauf hin, dass sich die Aufwendungen auf 92,5 Millionen Euro summieren können. Was die gefällten Bäume des Mittelstreifens anbelangt: Das Straßen- und Grünflächenamt Lichtenberg pflanzt als Ersatz 70 neue Bäume, allerdings voraussichtlich überwiegend in Grünanlagen.

„Es wird durch die Baumaßnahmen zu lange andauernden Beeinträchtigungen kommen“, sagte Sebastian Schlüsselburg, Linke-Abgeordneter aus Lichtenberg. Am östlichen Ende, in Marzahn, ist die Landsberger Allee jetzt schon eine Großbaustelle. Bis Mitte Juni ist zwischen Pyramidenring und Märkische Allee kein Kraftfahrzeugverkehr möglich. Gebaut wird auch in Alt-Friedrichsfelde, einer möglichen Umleitung.

Am Rande der Pressekonferenz gab es Informationen zu einem anderen Projekt der Wasserbetriebe. Nach einer Havarie musste ein Teil des Kaiserdamms gesperrt werden. Seit Dezember ist die Fahrbahn stadtauswärts wieder frei. Nicht mehr lange, dann kann auch stadteinwärts wieder der Autoverkehr fließen. Am 19. April soll die Straßenhälfte wieder geöffnet werden, bestätigte Christoph Donner. Ein Jahr nach dem Unglück.

QOSHE - Landsberger Allee wird Großbaustelle: Das sind die Auswirkungen bis 2029 - Peter Neumann
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Landsberger Allee wird Großbaustelle: Das sind die Auswirkungen bis 2029

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04.04.2024

Elf Jahre wurde geplant, umgeplant, neu geplant. Am Donnerstag konnte Eva Exner von den Berliner Wasserbetrieben endlich verkünden: „Ich freue mich riesig, dass wir jetzt anfangen können.“ Doch nicht jeder wird die Euphorie der Netzbau-Chefin teilen. Denn für das große Leitungsbauprojekt, das am 15. April in die Vollen geht, muss auf der Landsberger Allee in Lichtenberg der Autoverkehr spürbar eingeschränkt werden – bis 2029. Für die Nutzer einer anderen Hauptverkehrsstraße, des Kaiserdamms in Charlottenburg, haben die Wasserbetriebe dagegen gute Nachrichten parat.

Mit einer ersten Wutwelle wurden die Planer schon konfrontiert. Auf dem Mittelstreifen der Landsberger Allee wurden im Februar 63 Bäume gefällt. Die lange Mittelinsel wird benötigt, damit der Straßenverkehr in den kommenden Jahren nicht zu stark eingeschränkt werden muss. Doch das sei immer noch stadtverträglicher, als die provisorischen Fahrbahnen rechts und links an den Straßenrändern anzulegen, erklärte Eva Exner. „Dann hätten wir mindestens die doppelte Zahl von Bäumen fällen müssen.“

An der Vorgabe der Verwaltung war nicht zu rütteln: Während der gesamten Bauzeit müssen dem Kraftfahrzeugverkehr zwei Fahrstreifen pro Richtung bleiben – heute sind es drei. Größere Einschränkungen soll es nicht geben, schließlich seien in der Landsberger Allee täglich bis zu........

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