Auf Berlins Autofahrer kommen harte Zeiten zu. Teile der Stadtautobahn im Westen und Nordwesten werden jahrelang zu Großbaustellen. Weil Brücken und andere Anlagen saniert werden müssen und das Dreieck Funkturm für die Zukunft fit gemacht werden soll, plant die Projektgesellschaft Deges umfangreiche Bauarbeiten. Doch nun zeichnet sich ab, dass es für die Autobahnnutzer zumindest bei zwei großen Vorhaben eine Schonfrist geben wird. Beim dritten Projekt wird noch nach Lösungen gesucht.

Die Verkehrsbelastung ist rekordverdächtig: Abschnitte der A100 gehören zu den am stärksten befahrenen Autobahnteilstücken Deutschlands. Stop-and-go ist an der Tagesordnung. Ausgerechnet dort sind in den kommenden Jahren Bauarbeiten notwendig, die ohne spürbare Verkehrseinschränkungen nicht machbar sind.

Dazu gehört der Umbau des Autobahndreiecks Funkturm nahe dem ehemaligen ICC in Charlottenburg. Hier eine Rampe, da eine Brücke, und noch eine Fahrbahn: Über mehr als fünf Jahrzehnte wurde dort, wo die Avus (A115) auf den Stadtring (A100) stößt, immer wieder etwas verändert und mit Spannbetonbauwerken ergänzt. Kein Wunder, dass manchen auswärtigen Kraftfahrern die Haare zu Berge stehen, wenn sie enge Kurven navigieren müssen und sich auf superkurzen Einfädelspuren wiederfinden.

Als das Autobahndreieck in den 1960er-Jahren geplant wurde, ging man von rund 20.000 Kraftfahrzeugen pro Tag aus. Derzeit wird der Charlottenburger Knotenpunkt täglich im Schnitt von 230.000 Fahrzeugen passiert, Prognosen gehen von 250.000 aus. Auf einigen Brücken musste die Last bereits beschränkt werden, was Lkw auf Umwege zwingt. Laut Deges besteht nur bei einer der 25 Spannbetonbrücken kein kurz- oder mittelfristiger Handlungsbedarf. Auch 29 weitere Bauwerke, darunter Lärmschutz- und Stützwände, sind in die Jahre gekommen. Das Dreieck gilt als nicht sanierungsfähig.

06.04.2024

gestern

05.04.2024

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Deshalb entsteht es neu, wobei die Leistungsfähigkeit laut Deges nicht erhöht wird. Künftig mündet die Avus nicht nördlich, sondern südlich vom Motel in die A100. Lärmschutzwände werden gebaut, Stadtstraßen neu geführt. Hieß es zunächst, dass die Arbeiten „nicht vor 2023“ beginnen, war „nicht vor 2024“ der vorerst letzte Stand. Nun ergab eine Anfrage der Berliner Zeitung, dass sich eine weitere Verschiebung abzeichnet.

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Wann der Bau startet, ließe sich jetzt noch nicht sagen, hieß es. Baurecht gibt es bisher nicht. Für das Projekt läuft das Planfeststellungsverfahren in der Zuständigkeit des Fernstraßen-Bundesamts in Leipzig, teilte Deges-Sprecher Lutz Günther mit. „Im Verfahren für den Umbau des AD Funkturm findet in Kürze der Erörterungstermin statt.“ An der nichtöffentlichen Anhörung, die vom 23. April bis 16. Mai im Hotel Moa Berlin in Moabit stattfindet, können betroffene Anwohner und Vertreter von Behörden teilnehmen, die Einwendungen eingereicht haben. Es folgen weitere Verfahrensstufen.

„Nach jetzigem Stand gehen wir von einem Beginn der Hauptbaumaßnahmen nicht vor 2025 aus, vorbehaltlich des Verlaufs beziehungsweise des Abschlusses der Planfeststellungsverfahren und der Erlangung vollziehbaren Baurechts“, so formulierte es Lutz Günther. Bei der geplanten Bauzeit bleibe es: Für den Umbau des Autobahndreiecks Funkturm sind acht Jahre veranschlagt. Die Kosten wurden 2021 auf 410 Millionen Euro prognostiziert, von einer neuen Schätzung war nicht die Rede.

Sechs Jahre soll es dauern, die Rudolf-Wissell-Brücke abzutragen und neu zu bauen. Das 930 Meter lange Bauwerk, auf dem die A100 nahe der Schleuse Charlottenburg das Spreetal überquert, wurde 1961 für den damals noch spärlichen Verkehr freigegeben. Weil die Brücke ebenfalls in die Jahre gekommen ist, plant die Deges den Abriss und Neubau. In den ersten drei Jahren werden die Autofahrer kaum Einschränkungen spüren. Auf der alten Brücke wird der Verkehr weiter fließen, während nebenan der erste Teil der neuen entsteht. Erst wenn der zweite Überbau in Angriff genommen und der Verkehr vorübergehend auf dem ersten konzentriert wird, dürfte es eng werden.

Doch im Fall der Rudolf-Wissell-Brücke zeichnet sich ebenfalls ab, dass die Autofahrer länger unbehelligt bleiben. Auch für dieses Vorhaben ist das Planfeststellungsverfahren noch im Gange. Hier hieß es zuletzt ebenfalls, dass der Bau „nicht vor 2024“ beginnen soll, nun ist von „nicht vor 2025“ die Rede, wie Deges-Sprecher Günther jetzt sagte. Die Kosten für die Brücke und das Autobahndreieck Charlottenburg, das umgebaut wird, haben die Planer vor drei Jahren mit 270 Millionen Euro beziffert.

Bleibt Großprojekt Nummer drei, das sich nördlich und nordwestlich anschließt: die Grundsanierung der A111. Bei diesem Projekt geht es nicht um einzelne Bauten, sondern um nicht weniger als 264 Ingenieurbauwerke, die sich wie eine Perlenkette aufreihen. Es handelt sich um 39 Brücken, 16 Tunnel- und Trogbauwerke, 95 Verkehrszeichenbrücken und Schranken, 105 Lärmschutz- und Stützwände sowie neun Bauwerke der Entwässerung. Ein großer Teil der Autobahn aus den 1970er- und 1980er-Jahren verläuft in Geländeeinschnitten, die zu Trogbauwerken ausgebaut wurden, oder in Tunneln. Deshalb müssen sich Autos und Bauleute den knappen Platz teilen. Eine Lösung kann so aussehen, dass abschnittsweise nur noch ein Fahrstreifen pro Richtung bleibt.

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„Die Grundsanierung der A111 wird frühestens 2026 beginnen und könnte im Laufe des Jahres 2034 abgeschlossen sein“, bekräftigte Sprecher Lutz Günther. Das entspricht früheren Angaben. Wie berichtet, wird sich allerdings die Fertigstellung der U6, die im Bezirk Reinickendorf die Autobahn überquert, verzögern. Der ursprüngliche Termin, der eine Wiederinbetriebnahme der U-Bahn-Strecke für Frühjahr 2025 vorsah, lässt sich nicht halten. Intern hieß es bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), dass er sich um rund ein Jahr verschieben könnte. Damit rückt er dem geplanten Baubeginn auf der A111 nahe.

Die Deges und die BVG befinden sich in engen Abstimmungen zu den Bauterminen, teilte Lutz Günther mit. „Dabei streben beide Seiten an, dass sich die Sanierungen der U6 und der A111 möglichst nicht überschneiden. Diese Gespräche werden fortgeführt. Hierbei können dann auch Konsequenzen aus eventuell auftretenden Verzögerungen besprochen und Lösungen gefunden werden. Aktuell liegen uns keine belastbaren Erkenntnisse vor, dass es zu erheblichen Verzögerungen bei der Sanierung der U6 kommt.“

QOSHE - Großbaustelle Stadtautobahn: Warum Berlins Autofahrer eine Schonfrist bekommen - Peter Neumann
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Großbaustelle Stadtautobahn: Warum Berlins Autofahrer eine Schonfrist bekommen

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08.04.2024

Auf Berlins Autofahrer kommen harte Zeiten zu. Teile der Stadtautobahn im Westen und Nordwesten werden jahrelang zu Großbaustellen. Weil Brücken und andere Anlagen saniert werden müssen und das Dreieck Funkturm für die Zukunft fit gemacht werden soll, plant die Projektgesellschaft Deges umfangreiche Bauarbeiten. Doch nun zeichnet sich ab, dass es für die Autobahnnutzer zumindest bei zwei großen Vorhaben eine Schonfrist geben wird. Beim dritten Projekt wird noch nach Lösungen gesucht.

Die Verkehrsbelastung ist rekordverdächtig: Abschnitte der A100 gehören zu den am stärksten befahrenen Autobahnteilstücken Deutschlands. Stop-and-go ist an der Tagesordnung. Ausgerechnet dort sind in den kommenden Jahren Bauarbeiten notwendig, die ohne spürbare Verkehrseinschränkungen nicht machbar sind.

Dazu gehört der Umbau des Autobahndreiecks Funkturm nahe dem ehemaligen ICC in Charlottenburg. Hier eine Rampe, da eine Brücke, und noch eine Fahrbahn: Über mehr als fünf Jahrzehnte wurde dort, wo die Avus (A115) auf den Stadtring (A100) stößt, immer wieder etwas verändert und mit Spannbetonbauwerken ergänzt. Kein Wunder, dass manchen auswärtigen Kraftfahrern die Haare zu Berge stehen, wenn sie enge Kurven navigieren müssen und sich auf superkurzen Einfädelspuren wiederfinden.

Als das Autobahndreieck in den 1960er-Jahren geplant wurde, ging man von rund 20.000 Kraftfahrzeugen pro Tag aus. Derzeit wird der Charlottenburger Knotenpunkt täglich im Schnitt von 230.000 Fahrzeugen passiert, Prognosen gehen von 250.000 aus. Auf einigen Brücken musste die Last bereits beschränkt werden, was Lkw auf Umwege zwingt. Laut Deges besteht nur bei einer der 25 Spannbetonbrücken kein kurz-........

© Berliner Zeitung


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