Viele Menschen wissen, dass rechts unten im Bauch der Blinddarm sitzt – oder vielmehr dieser kleine Wurmfortsatz, der sich entzünden und höllische Schmerzen verursachen kann. Die Volksweisheit sagt: Wenn man draufdrückt und es schlimmer wird, ist es der Blinddarm, ansonsten nicht.

Ob da was dran ist, weiß Dr. René Pschowski, Chefarzt der Gastroenterologie am Krankenhaus Köpenick, das zu den DRK-Kliniken Berlin gehört. In der Berliner Zeitung erklärt der Fachmann, was es zu bedeuten hat, wenn der Bauch mittig, oben oder unten, links oder rechts schmerzt.

„Eine Blinddarmentzündung kann in der zweiten Phase der Erkrankung rechts unten im Bauch, neben dem Beckenknochen, spürbar sein“, sagt der Mediziner. In der Regel beginnen die Schmerzen jedoch um den Bauchnabel und verlagern sich dann in den rechten Unterbauch.

Bei einigen Personen breiten sich die Schmerzen sogar diffus aus, machen sich auf der linken Unterbauchhälfte bemerkbar oder beschränken sich nicht auf den rechten Unterbauch. Das Draufdrücken auf den Schmerz lässt keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Blinddarm zu.

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Wenn die Bauchschmerzen schlimmer werden, wenn man auf die betroffene Stelle drückt, kann das viele Ursachen haben.„ Am wahrscheinlichsten sind funktionelle Darmprobleme, beispielsweise eine Verstopfung oder Blähungen“, sagt Pschowski.

Aber auch ernsthaftere Erkrankungen wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Hernien, Tumore oder gynäkologische Erkrankungen bei Frauen kommen als mögliche Ursache für den rechtsseitigen Unterbauchschmerz infrage. Wirklich herausfinden kann das aber nur ein Arzt oder eine Ärztin.

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„Sollten die Beschwerden über Stunden oder gar Tage anhalten, der Schmerz kontinuierlich schlimmer werden oder Begleitsymptome wie Fieber, Blutungen oder Kreislaufreaktionen auftreten, sollten Sie einen Arzt aufsuchen oder in die Rettungsstelle fahren“, rät der Gastroenterologe.

Das Problem an Bauchschmerzen sei, „dass Bauchschmerzen selbst den Experten vor große Herausforderungen stellen, da es im Bauchraum teils eine scheinbar diffuse Schmerzleitung gibt. Das heißt, es muss nicht zwingend dort wehtun, wo das Problem ist.“ Eine Eins-zu-eins-Übertragung im Sinne von „Hier ist der Schmerz, hier ist das Problem“ funktioniert also nicht beziehungsweise nicht immer.

Darum sollte man sich nicht scheuen, auch mit Bauchschmerzen medizinischen Rat einzuholen. „Tatsächlich sind sie, statistisch betrachtet, der mit Abstand häufigste Grund, weshalb Menschen in die Rettungsstelle kommen“, sagt René Pschowski.

Als Ursache für Bauchschmerzen kommen mehr als Dutzend Ursachen infrage (siehe Grafik unten). Häufig gibt der Ort des Schmerzes einen Anhaltspunkt, um welche Erkrankung oder Problematik es sich handeln könnte. Aber es kann eben auch sein, dass der Schmerz – wie zuvor beschrieben – von anderswo ausstrahlt.

Im Mittelpunkt der Wahrnehmung von Schmerzen im Bauch steht das Bauchfell, medizinisch Peritoneum genannt. „Es ist voller Nerven und kleidet den Bauchraum aus und überzieht die Organe. Es leitet die Schmerzwahrnehmung über das Rückenmark in unterschiedlicher Form ans Hirn weiter“, so der Mediziner.

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Der Schmerz, der von den Organen ausgeht, ist der sogenannte viszerale Schmerz. „Dieser ist gekennzeichnet durch eine nur ungenaue Lokalisationsmöglichkeit des Schmerzes durch den Patienten“, so Pschowski. „Er wird als dumpf, brennend oder in Wellen verlaufend beschrieben.“

Charakteristisch ist in solch einem Fall, dass Betroffene versuchen, „durch Lageveränderung Schmerzlinderung zu erreichen“, wie der Experte sagt. „Hervorgerufen wird diese Schmerzform durch Kontraktionen der Muskulatur von Hohlorganen, wie zum Beispiel beim Darmverschluss, oder durch entzündliche Veränderungen mit Organschwellung, beispielsweise bei der Gallenblasenentzündung oder der Wurmfortsatzentzündung.“

Die Schmerzempfindung wird grob gesagt über Fasern des Rückenmarks geleitet. „So entstehen Schmerzwahrnehmungen auf den dazugehörigen Hautzonen, in die der viszerale Schmerz sich projiziert“, weiß der Arzt. „Leber- und Gallenwegerkrankungen zeichnen sich daher durch rechtsseitige und Milzerkrankungen durch linksseitige Schulterschmerzen aus. Rückenschmerzen können auf eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse hinweisen.“

Bei Ausbreitung des Schmerzes auf das Bauchfell tritt der sogenannte somatische Schmerz auf. Hier kann „der Patient relativ exakt die Schmerzen lokalisieren und charakterisiert diese als schneidend“, sagt Pschowski. „Der Patient liegt meist ruhig, da jeder Lagewechsel die Schmerzen verstärkt.“

Die Übergänge zwischen beiden Schmerzformen sind fließend und können Hinweise auf die mögliche Ursache geben. Aber: „Die Leber hat keine Schmerzrezeptoren, sie kann uns nicht wehtun. Anders ist es bei der Haut, die unglaublich viele eng beieinanderliegende Schmerzrezeptoren hat. Dort können wir Schmerz sehr exakt lokalisieren“, weiß Pschowski.

Als Faustregel gilt also: „Alle Schmerzen, die von den inneren Hohlorganen wie Magen oder Darm ausgehen, nennt man viszeral. Sie werden als eher vage und stumpf beschrieben, sind oftmals nicht genau zu lokalisieren. Mitunter gehen sie auch mit Krämpfen einher. „Deshalb hilft vielen Betroffenen das Umhergehen, weil das Entlastung für die Organe bringt“, sagt der Arzt. Beispiel für einen viszeralen Schmerz sind Nierensteine und Gallenkoliken.

Den viszeralen Schmerzen stehen die somatischen Schmerzen gegenüber. Damit sind ganz allgemein Beschwerden gemeint, die von Muskeln, Gelenken oder Knochen ausgehen.

Bei somatischen Bauchschmerzen „handelt es sich häufig um einen Dauerschmerz, den Betroffene dadurch lindern, indem sie eine Schonhaltung einnehmen, also zum Beispiel die Beine einziehen. Ein klassisches Beispiel ist die Pankreatitis, also die Bauchspeicheldrüsenentzündung“, so der Mediziner.

Fachleute unterscheiden generell zwischen einem akuten, also plötzlich auftretenden Schmerz und einem chronischen, sprich: längeren beziehungsweise dauerhaften Schmerz (länger als drei Monate).

Bei einer Untersuchung müssen Sie eine Reihe von Fragen beantworten: Wo und wann trifft der Schmerz auf? Wie tritt er auf: Kommt der Schmerz in Wellen oder ist er immer da? Gleichbleibend oder stärker werdend? Wie stark ist der Schmerz?

Das müssen Sie angeben auf einer Skala von eins bis zehn, wobei zehn für den größtmöglichen Schmerz steht. „Natürlich ist das sehr subjektiv, denn jeder Mensch hat ein anderes Empfinden, aber es hilft dennoch bei der Beurteilung des Gesamtzustandes“, sagt der Gastroenterologe. Die viel wichtigere Frage und Warnzeichen für Betroffene ist jedoch: Gibt es Begleitsymptome?

Haben Sie Fieber? Erbrechen? Schwindel? Einen schnellen Puls? „Das sind Symptome, die eine Störung der Kreislaufregulation vermuten lassen und damit auf eine schwerwiegende akute Erkrankung hinweisen können“, so René Pschowski.

Dann sollten Sie nicht lange zögern, sich Hilfe zu suchen. Insbesondere wenn Sie schon im fortgeschrittenen Alter oder immunsupprimiert sind, sollten Sie schnell handeln, „da die körperlichen Kompensationsmechanismen schneller aufgebraucht sind“, warnt der Experte.

Neben dem Abfragen Ihres Zustandes und der Beschwerden wird der Arzt oder die Ärztin Sie auch abtasten und den Bauchraum abhorchen. „Zudem klopft man auf den Bauch beziehungsweise legt die eine Hand auf den Bauch und klopft mit der anderen Hand auf die eigene. Das setzt einen Reiz in das den Bauchraum auskleidenden Bauchfell, der im Zweifel wehtut“, sagt Pschowski.

Wenn Sie seitlich an der Taille, also links oder rechts in der Mitte, gegebenenfalls sogar bis in die Flanke intervallartige Schmerzen spüren – Mütter vergleichen die Schmerzen mit Austreibungswehen –, könnten das „wandernde“ Nierensteine sein.

„Und wenn Sie rechtsseitige Schmerzen im Oberbauch in Kombination mit Erbrechen haben, kann das auf eine Gallensteinproblematik hindeuten“, erklärt Pschowski.

Ein Leistenbruch hingegen klingt hochdramatisch, aber tatsächlich verursacht er nur selten Beschwerden. Am deutlichsten tritt er – im wahrsten Sinne des Wortes – zutage, wenn man sich anstrengt oder aus dem Liegen aufsteht. Dann entsteht eine sackartige Wölbung in der Leistengegend.

„Das sind Schichten der Bauchwand, die durch den Leistenkanal ausgestülpt werden“, erklärt Pschowski. „Bei einem Leistenbruch wird der Druck der Bauchorgane, zum Beispiel beim Husten, Niesen oder Heben schwerer Lasten, auf das Leistengewebe zu groß, dass der Leistenkanal bricht.“

Das Bauchfell wölbt sich dann sackartig nach außen und „es kann passieren, dass Teile des Darms durch die Lücke im Leistenkanal heraustreten“, so der Experte. Das ist an sich nicht lebensbedrohlich, sollte aber behandelt werden, weil durch die Ausstülpung Darmanteile abgeklemmt werden können und damit die Blutversorgung abgeschnürt wird.

Warnzeichen sind in solch einem Fall neben starken Schmerzen in der Leistengegend Übelkeit, Erbrechen und kalter Schweiß. Begeben Sie sich rasch in ärztliche Behandlung!

Bei Frauen können Oberbauchschmerzen auch auf einen Herzinfarkt hindeuten, was wiederum an der diffusen Nervenverschaltung im Körper liegt.

Für den Chefarzt ist es eine klare Sache, wann man mit Bauchschmerzen in die Rettungsstelle fahren sollte: „Erstens, wenn Sie sehr starke Schmerzen haben, die nicht nach kurzer Zeit verschwinden. Und zweitens, wenn Begleitsymptome zu den Bauchschmerzen dazukommen, Sie zum Beispiel Fieber entwickeln, sich erbrechen oder Ihnen übel ist.“

Außerdem sollten Sie Hilfe suchen, sofern „die Schmerzen, drittens, anhalten und nicht weggehen beziehungsweise, wenn sie zunehmen“, so der Mediziner.

Natürlich können Sie es vorab bei leichten Beschwerden auch mit Hausmitteln, frei verkäuflichen Schmerzmedikamenten oder Krampflösern probieren. Tut es Ihnen gut – prima. Wenn nicht – ab zum Arzt.

Wichtig bei dauerhaften Oberbauchschmerzen: „Alkohol und Zigaretten weglassen. Sie führen zu einer chronischen Gastritis, die Schmerzen verursacht“, rät der Mediziner.

Testen Sie bei Auftreten von leichten Bauchschmerzen auch, ob Ihnen Wärme oder etwas Kühles guttut, ob Tee Linderung verschafft. „Essen Sie leichte und gesunde Kost“, rät der Arzt und fügt hinzu: „Reiben Sie sanft den Bauch für mehrere Minuten im Uhrzeigersinn.“ Bei chronischen Schmerzen, bei denen körperliche Ursachen ausgeschlossen sind, könnte das Erlernen einer Entspannungstechnik helfen.

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Ob da was dran ist, weiß Dr. René Pschowski, Chefarzt der Gastroenterologie am Krankenhaus Köpenick, das zu den DRK-Kliniken Berlin gehört. In der Berliner Zeitung erklärt der Fachmann, was es zu bedeuten hat, wenn der Bauch mittig, oben oder unten, links oder rechts schmerzt.

„Eine Blinddarmentzündung kann in der zweiten Phase der Erkrankung rechts unten im Bauch, neben dem Beckenknochen, spürbar sein“, sagt der Mediziner. In der Regel beginnen die Schmerzen jedoch um den Bauchnabel und verlagern sich dann in den rechten Unterbauch.

Bei einigen Personen breiten sich die Schmerzen sogar diffus aus, machen sich auf der linken Unterbauchhälfte bemerkbar oder beschränken sich nicht auf den rechten Unterbauch. Das Draufdrücken auf den Schmerz lässt keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Blinddarm zu.

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Das Problem an Bauchschmerzen sei, „dass Bauchschmerzen selbst den Experten vor große Herausforderungen stellen, da es im Bauchraum teils eine scheinbar diffuse Schmerzleitung gibt. Das heißt, es muss nicht zwingend dort wehtun, wo das Problem ist.“ Eine Eins-zu-eins-Übertragung im Sinne von „Hier ist der Schmerz, hier ist das Problem“ funktioniert also nicht beziehungsweise nicht immer.

Darum sollte man sich nicht scheuen, auch mit Bauchschmerzen medizinischen Rat einzuholen. „Tatsächlich sind sie, statistisch betrachtet, der mit Abstand häufigste Grund, weshalb........

© Berliner Zeitung


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