Der Brigadegeneral a.D. der Bundeswehr und der langjährige Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Erich Vad, warnte kürzlich im Gespräch mit der Berliner Zeitung vor einem Einsatz der Taurus-Marschflugkörper im Ukraine-Krieg. „Mit dem Taurus kann man den Kreml und damit den russischen Regierungssitz zerstören“, sagte Vad mit Blick auf die große Reichweite und die Zerstörungskraft der deutsch-schwedischen Raketen. Vad unterstützte öffentlich die Entscheidung von Bundeskanzler Scholz, keine Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern.

Doch würde die russische Flugabwehr eine Taurus-Rakete nicht abfangen, bevor sie den Kreml erreicht? Russische Militärexperten diskutieren vor dem Hintergrund der Abhöraffäre der Bundeswehr die möglichen Gefahren für Russland. „Deutsche Taurus-Marschflugkörper sind eine hoch entwickelte Waffe, die das russische Luftverteidigungssystem umgehen könne“, warnte in dieser Hinsicht der Kreml-nahe Militärexperte und Redakteur des russischen Militärmagazins Arsenal Otetschestwa, Leonid Leonkow, auf dem reichweitenstarken Portal News.ru.

Die russischen Streitkräfte hätten mit einer ähnlichen Klasse von Marschflugkörpern, nämlich mit den britisch-französischen Storm-Shadow- beziehungsweise Scalp-Raketen schon „Erfahrungen gemacht“. Taurus sei auch eine ähnliche „clevere Waffe“, um „unser Luftverteidigungssystem zu umgehen“, sagte Leonkow. Die Storm Shadow hätten zuerst ihren Effekt gezeigt, aber dann „lernten wir, sie zu erkennen und abzuschießen“.

Ähnlich wie eine Drohne kann man die Taurus sehr tief in der Höhe von nur etwa 35 Metern fliegen lassen, sodass sie für feindliches Radar kaum aufzuspüren ist. Doch die Taurus kann anders als Drohnen eine Schallgeschwindigkeit von bis zu 1170 km/h erreichen und hat eine Reichweite von bis zu 560 Kilometer. „Nur ein modernes Luftverteidigungssystem“ könne darauf reagieren, sagte Leonkow weiter. „Das ist die Gefahr dieser Raketen.“ Leonkow befürchtet zudem, dass die ukrainischen Streitkräfte die Taurus-Raketen nicht nur gegen das russische Militär, sondern auch gegen zivile Ziele einsetzen könnten.

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Es gibt noch einen Punkt: Die von den Briten an Kiew gelieferten Marschflugkörper des Typs Storm Shadow, in Frankreich als Scalp bekannt, haben eine Reichweite von 250 bis maximal 300 Kilometern. Die Reichweite des deutsch-schwedischen Marschflugkörpers kann dagegen mit bis zu 560 Kilometern fast doppelt so groß sein.

Laut deutschen Militärexperten lassen sich mit den Taurus-Raketen auch strategische Ziele tief hinter der feindlichen Linie und in Russland angreifen, die auch für das nukleare Gleichgewicht von Bedeutung sind. Solche Angriffe können jedoch hoch eskalierend wirken. „Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein“, argumentierte Bundeskanzler Scholz somit bereits Ende Februar sein Nein zur Taurus-Lieferung an die Ukraine.

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Taurus: Russischer Militärexperte erklärt, worin die Gefahr für Russland liegt

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06.03.2024

Der Brigadegeneral a.D. der Bundeswehr und der langjährige Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Erich Vad, warnte kürzlich im Gespräch mit der Berliner Zeitung vor einem Einsatz der Taurus-Marschflugkörper im Ukraine-Krieg. „Mit dem Taurus kann man den Kreml und damit den russischen Regierungssitz zerstören“, sagte Vad mit Blick auf die große Reichweite und die Zerstörungskraft der deutsch-schwedischen Raketen. Vad unterstützte öffentlich die Entscheidung von Bundeskanzler Scholz, keine Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern.

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