Kaiserschmarrn, Palatschinken, Salzburger Nockerln, Marillenknödel, Buchteln und so weiter: Es gibt so viele wunderbare Mehlspeisen, nur leider geraten sie mehr und mehr in Verruf, zumindest in Deutschland. Gerade im Januar sind sie wohl besonders unbeliebt, denn gesündere Ernährung und Abnehmen sind mit die beliebtesten Neujahrsvorsätze. Da passen Speisen, deren Grundzutaten meist aus weißem Mehl, Eiern, viel Zucker und Milch bestehen, nicht unbedingt ins Konzept.

Aber sei es drum, Sie werden schon nicht auf einem Scheiterhaufen landen, wenn Sie Ihren Neujahrsvorsätzen nicht gerecht werden. Aber Achtung: Scheiterhaufen ist ein Teekesselchen und reiht sich als traditionelle Mehlspeise oben mit ein. Ähnlich einem Ofenschlupfer werden bei dem Scheiterhaufen altbackene Brötchen zerschnitten und in einer Backform mit einer Mischung aus Eiern, Milch und Zucker eingeweicht. Hinzu kommen noch Rumrosinen, und dann ab in den Ofen. Abschließend wird alles noch mal mit aufgeschlagenem Eiweiß und Kristallzucker überbacken. Das klingt aus heutiger Sicht alles andere als gesund, aber wir glauben einfach mal an einen aufbauenden Effekt für unsere wintergeplagte Seele, stimmt’s?

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Was bei uns disziplinierten Deutschen verpönt ist, ist in unserem Nachbarland Österreich nicht wegzudenken. Die klassische Küche erfährt dort gerade eine Renaissance, in der Heimat des Kaiserschmarrn sind traditionelle Mehlspeisen wieder angesagt. Um den eben erwähnten Kaiserschmarrn ranken sich im Übrigen viele Legenden. Er soll zu Ehren von Kaiser Franz Josef erfunden worden sein, die berühmte Sisi hätte ihn verschmäht, also den Schmarrn.

Auch wissenschaftlich wird das Thema angegangen, „Kaiser“ leite sich eigentlich von „Kaser“ ab, einem anderen Wort für den Senner. Auf den rustikalen Almen haben sich die Senner wohl oft diesen Schmarrn zubereitet – süß, aber auch salzig, beispielsweise mit Speck oder Käse, das stimmt schon. Von dort aus soll er dann Karriere in den Wiener Küchen gemacht haben, und um ihn aufzuwerten, wurde aus Kaser eben Kaiser. Was davon wirklich stimmt, wird sich wohl nie klären lassen.

Klar ist aber: Er ist quasi ein zerrupfter und soufflierter Pfannkuchen, schön karamellisiert und zusätzlich mit Puderzucker serviert. Der Pfannkuchen heißt in Österreich Palatschinken, das Wort leitet sich wohl vom lateinischen Placenta für Mutterkuchen ab und ist, so vermutet man, über Rumänien und Ungarn nach Österreich gekommen. Etwas dünner als unsere Pfannkuchen ist er, und es gibt unzählige Varianten. Besonders gerne habe ich die mit Zitronenzeste und Vanille im Teig und dazu etwas Marillenmarmelade. Aber auch salzig mit Feta und Gurkensalat ist er einfach nur köstlich.

Buchteln oder Rohrnudeln sind kleine Hefeteigklöße, die im Ofen gebacken werden. Gefüllt oder zum Beispiel mit Zwetschgenröstern à Part serviert, sind die kleinen Buchteln ein echter Hochgenuss und enge Verwandte der Germknödel und Dampfnudeln, die jedoch gedämpft und nicht gebacken werden.

Mit dem französischen Soufflé verwandt sind die famosen Salzburger Nockerln. Dass Napoleon sie in Salzburg etablierte, als er 1809 dort verweilte, ist eine schicke Geschichte, wohl aber Fantasie. Als Ableitung des Soufflés werden bei den Nockerln Eiweiß und Zucker aufgeschlagen und dann vorsichtig Vanille, Mehl und Eigelb daruntergehoben. Aus der Masse werden dann drei spitze Nocken abgestochen und alles wird im Ofen gebacken. Mit Puderzucker bestreut stellen die drei Nocken dann Mönchsberg, Kapuzinerberg und Gaisberg dar: die Salzburger Hausberge.

Bleiben die Marillenknödel. Diese sind natürlich besonders in den Anbaugebieten von Marillen beliebt, vor allem der Wachau und dem italienischen Vinschgau. Zur Herstellung werden die ganzen Marillen entkernt. Der Kern wird durch einen Zuckerwürfel ersetzt und die Marille in einen Topfenteig eingeschlagen.

Diese Bällchen werden anschließend pochiert. Zum Abschluss wird alles in einer Pfanne mit brauner Butter und Semmelbrösel geschwenkt. Das klingt himmlisch, ist aber schwer kombinierbar mit der Neujahrsdiät. Entscheiden müssen Sie schon selbst, ab und an ein wenig sündigen finden wir total in Ordnung. Vor allem im sündhaften Berlin.

Zutaten: 200 g Mehl, 30 g Zucker, 1 Prise Salz, 4 Eier, 300 ml Milch, 30 g Rosinen (wer mag: Rumrosinen), 1 bis 2 EL Butter zum Anbraten, Puderzucker zum Bestreuen

Zubereitung: Wir heizen den Ofen auf 180 Grad Ober- und Unterhitze vor. Nun die Eier trennen. Anschließend Mehl, Zucker, Salz, Eigelb und Milch zu einem glatten Teig verrühren. Das Eiweiß steif schlagen und unter den Teig ziehen, es dürfen noch ein paar Eischneespuren zu sehen sein. Nun zerlassen wir die Butter in einer heißen Pfanne und geben dann den Teig dazu. Von beiden Seiten gut anbräunen, also am besten mit einem Pfannenwender einmal drehen.

Dann geht alles für zehn Minuten in den Ofen, hier souffliert es nun wunderbar. Nun holen wir den Schmarrn raus, zerrupfen ihn in ungleichmäßige Stücke und geben die Rosinen dazu. Noch mal kurz in den Ofen und dann rausholen, mit dem Puderzucker bestäuben und schnell servieren. Dazu passt wunderbar Zwetschgen- oder Aprikosenkompott.

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Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.

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Rezept der Woche: Mehlspeisen – der Scheiterhaufen der guten Vorsätze

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06.01.2024

Kaiserschmarrn, Palatschinken, Salzburger Nockerln, Marillenknödel, Buchteln und so weiter: Es gibt so viele wunderbare Mehlspeisen, nur leider geraten sie mehr und mehr in Verruf, zumindest in Deutschland. Gerade im Januar sind sie wohl besonders unbeliebt, denn gesündere Ernährung und Abnehmen sind mit die beliebtesten Neujahrsvorsätze. Da passen Speisen, deren Grundzutaten meist aus weißem Mehl, Eiern, viel Zucker und Milch bestehen, nicht unbedingt ins Konzept.

Aber sei es drum, Sie werden schon nicht auf einem Scheiterhaufen landen, wenn Sie Ihren Neujahrsvorsätzen nicht gerecht werden. Aber Achtung: Scheiterhaufen ist ein Teekesselchen und reiht sich als traditionelle Mehlspeise oben mit ein. Ähnlich einem Ofenschlupfer werden bei dem Scheiterhaufen altbackene Brötchen zerschnitten und in einer Backform mit einer Mischung aus Eiern, Milch und Zucker eingeweicht. Hinzu kommen noch Rumrosinen, und dann ab in den Ofen. Abschließend wird alles noch mal mit aufgeschlagenem Eiweiß und Kristallzucker überbacken. Das klingt aus heutiger Sicht alles andere als gesund, aber wir glauben einfach mal an einen aufbauenden Effekt für unsere wintergeplagte Seele, stimmt’s?

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