In einer Stadt wie Berlin kann es nicht genug Italiener geben, zumal die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionalküchen so gewaltig sind. Cacio e pepe in Neapel? Cassata siciliana im Piemont? Das wäre, als würde man in Nürnberg einen Krabbencocktail aus dem KaDeWe verlangen.

Das im August in Wilmersdorf eröffnete Cicchetti da Rosa möchte sich dadurch hervorheben, dass es italienische mit asiatischen Einflüssen kombiniert. Den Vorgänger, die nur mittags geöffnete Salumeria Rosa, gibt es schon seit 2014. Betrieben werden beide Restaurants von der aus Sizilien stammenden Rosetta „Rosa“ Panzera und ihrem Partner Duc Anh Tran, der wiederum vietnamesische Wurzeln hat.

Schauplatz ihres nur abends geöffneten Zweitprojekts ist ein Eckhaus am Ludwigkirchplatz, ein holzdominierter Raum im austauschbaren Skandi-Design. Das Publikum entspricht dem, was man sich als Friedrichshainerin unter dem Westen vorstellt, ein bisschen gediegener, ein bisschen gepflegter, wobei es an einem Samstagabend trotzdem sehr lebhaft zugeht. Ohne Reservierung bekommen wir immerhin einen Platz am Tresen, wo wir uns gleich wohlfühlen.

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Lustig, dass der Service erst einmal das Konzept erklären möchte, weil man das in zeitgeistigen Restaurants nun mal so macht, auch wenn es sich hier auf die Abfolge von Vorspeise, Pasta, Hauptgang und Dessert beschränkt. Die namensgebenden Cicchetti sind die venezianische Antwort auf Tapas, die Karte spricht von „mittelgroßen Portionen“, zum Teilen gedacht. Davon bestellen wir drei Stück.

Die Caponata ist ziemlich klassisch, mit buttrig-weich geschmorten Auberginen, vielleicht einen Tick zu süß. Gleiches gilt für die Burrata, offenbar ein Salumeria-Rosa-Klassiker, was man hätte wissen können, schließlich kommt sie nicht nur mit einer Pilzcreme, sondern auch mit kandierter Aubergine – die wir beim besten Willen nicht als solche erkannt hätten. Schade, dass die tolle Burrata von einem fast schon penetranten Trüffelaroma überlagert wird. Großartig hingegen ist der auf einem Ricottabett ruhende wilde Brokkoli mit knusprigen Brotbröseln.

Hier zeigt sich zum ersten Mal der asiatische Einfluss in Form von Yuzu – wobei es sich auch um gewöhnliche Zitronenschalen handeln könnte. Dazu gibt es hausgebackenes Brot und grasig-feines, von der Bedienung eigenhändig eingegossenes Olivenöl, und zwar in einer Menge, die für eine italienische Großfamilie reichen würde. Von ihrem Vorhaben, nicht nur Salz, sondern auch Pfeffer mit hineinzugeben, können wir sie zum Glück abbringen.

Es folgen zwei Pastagänge. Einer ist gewagt simpel, die perfekten hausgemachten Tagliolini lediglich mit Olivenöl, einem Hauch Knoblauch, einer roten Garnele und Bottarga, also Meeräsche-Rogen verfeinert. Optisch nicht besonders ansprechend, wie die in der Mitte durchtrennte Schale des Tiers da so liegt (gegessen wird nur das perfekt-glasige Fleisch). Manchen mag das dezente Meeresaroma zu läppisch sein, ich mag es.

Weil Trüffelsaison ist, bestellen wir auch die damit verfeinerten Tagliolini. Klassisch wäre eine Butterreduktion, hier bildet Sahne die Grundlage, verfeinert mit kleinen Trüffelabschnitten. Von den frisch darübergehobelten Scheiben hätten es ruhig mehr sein dürfen. Das vergleichsweise intensive Aroma lässt mit dem Hintergrundwissen, dass der schwarze Trüffel im Vergleich zu seinem weißen Kollegen per se eher zurückhaltend auftritt und Premiumware teuer ist, auf zusätzliche Aromaunterstützung schließen, ich tippe auf Butter. Was nicht heißen muss, dass die aus dem Chemielabor kommt wie jenes unbedingt zu vermeidende künstliche Trüffelöl. Hochwertige Butter kann durchaus in Berührung mit echten Exemplaren des berüchtigten Tuber melanosporum gekommen sein – Trüffelexkursion beendet.

Die zwischen 13 und 18 Euro teuren Fischgänge lassen auf kleine Portionen schließen. Im Fall der Jakobsmuscheln sind es denn auch nur zwei Stück, die in einer tiefen Schale wahnsinnig intensiver Hummerschaumsuppe schwimmen, pures Seafood-Glück. Auch die mit Schwarzwurzelpüree kombinierten Gambas (doppelte Anzahl) können was, wobei die Tomatenmarmelade wieder zu viel Süße ins Spiel bringt.

Immerhin fällt es mir als Abstinenzlerin dadurch nicht schwer, anschließend auf den hochprozentigen Nachtisch zu verzichten (ich weiß nicht, wie oft ich diese Diskussion schon geführt habe: Nein, der Alkohol verfliegt nicht beim Kochen, und auch nicht, wenn er angezündet wird). Nett anzusehen und ein dankbares Instagram-Motiv ist diese Balla di ciccolato, eine Kugel aus Zartbitterschokolade mit Ananas, Nougat und Kokosnusseis, die an Piña Colada erinnern soll, aber allemal. Meiner Begleitung zufolge ganz passabel.

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Das Cicchetti da Rosa wird sicher seine Fans finden. Nicht wirklich Sinn ergibt für mich die Behauptung, hier würde „köstliche italienische Raffinesse mit dem faszinierenden Hauch von asiatischen Aromen“ gemischt, wodurch „völlig neue Geschmackserlebnisse“ entstünden. Ob einen die zu den Polpette di Pane servierte Parmesan-Miso-Creme oder die Tortelloni mit Grüntee-Infusion eines Besseren belehren? Wirklich ratlos lässt mich das Gericht Ferrero Rocher du Foie Gras zurück, bei dem die zu Recht in Verruf geratene Gänsestopfleber mit Beeren, Pistazien und Kakao kombiniert wird. Hab ich als Fleischverzichterin aber nicht probiert.

3 von 5 Punkten

Cicchetti da Rosa. Ludwigkirchplatz 12, 10719 Berlin. Mo–Sa 17–23 Uhr. www.cicchettidarosa.de

QOSHE - Restaurant der Woche: Italien und Asien fusionieren in Wilmersdorf. Schmeckt das? - Eva Biringer
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Restaurant der Woche: Italien und Asien fusionieren in Wilmersdorf. Schmeckt das?

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