Zucker, Fett, Weizenmehl: Im Januar verzichten einige Menschen auf vieles, was Freude macht. Und wer an seinen Vorsätzen festhalten will, sollte einen großen Bogen machen um das clean-schicke Ladenlokal unweit des Hermannplatzes. Ein seltsamer Ort für 5 Euro teure Mini-Törtchen? It’s the Gentrification, stupid!
Beim Betreten des bodentief verglasten Raums sind solche stadtpessimistischen Überlegungen schnell vergessen. Das liegt am warmen Holz und der coolen Playlist, dem Blick in die offene Küche, wo adrette Männer Keksteig walken, und dem Duft nach Frischgebackenem. Die Auswahl der meterlangen Theke ist gigantisch, harte Zeiten für entscheidungsschwache Menschen wie mich. Gute Zeiten hingegen für Veganerinnen und Veganer: Sowohl Croissant als auch Pain au Chocolat sind butterfrei erhältlich.
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Anfang Januar bietet La Maison Boutique nach französischer Tradition eine Galette de Rois an, wer die im Inneren versteckte Figur findet, ist ein Jahr lang Königin. Weil ich meine noch vom letzten Jahr habe, verzichte ich auf den Dreikönigskuchen in der Hoffnung, dass sich mein Status dadurch automatisch verlängert.
Ein Must-buy hingegen ist das Mandelcroissant, auch wenn ich es in einer Blindverkostung eher als Typ Haselnuss identifizieren würde. Der Blätterteig gerät ein wenig zu buttrig, dafür ist die halb flüssige Nusscreme eine Sensation. Unbedingt aufgewärmt vor Ort verzehren! Auch ins Pain Suisse beiße ich direkt hinein, ein in Berlin selten anzutreffendes Plunderteilchen mit einer Füllung aus Vanillecreme und angenehm herben Schokodrops.
Das unaussprechliche Kouign Amann gibt es auch bei der fußläufig entfernten Albatross-Bäckerei, hier wie dort handelt es sich um einen vielschichtigen Brioche-Croissant-Zwitter, leicht salzig, sehr fett und ein dankbares Aufnahmeobjekt von Flüssigkeiten aller Art (ich liebe Frankreich dafür, dass niemand blöd schaut, wenn man sein Gebäck in Tassen versenkt). Geröstet wird der Kaffee von Vote, alternativ gibt es Smoothies, Schorlen und Tee von Companion.
Nach diesen drei Teilchen heißt es rien ne va plus, weswegen der Rest in eine Doggybag wandert. Vom La-Maison-Baguette schwärmte ein Bekannter, und vor allem die klassisch-helle Variante – Nummer zwei kommt mit Körnern, Nummer drei mit Vollkornanteil – ist wirklich ziemlich gut, allerdings wie von der Verkäuferin prophezeit nur am selben Tag.
Bezüglich längerer Haltbarkeit riet sie zum auch viertelweise erhältlichen Pain a l‘ancienne. Leider kann ich dazu keine Aussage treffen, weil es bereits am Folgetag komplett aufgegessen war, eines der besten Brote, die ich in letzter Zeit hatte. Unwiderstehlich auch das Danish Bread, ein supersaftiges Körnerbrot, das sich viele Tage hält. Die Oliven-Fougasse, ein provenzalisches Hefebrötchen, soll ich zu Hause kurz in den Backofen geben, wobei es leider schon einen Tag später ziemlich angetrocknet ist.
An dieser Stelle eine kurze Einordnung: Gegründet wurde La Maison 2019 vom aus Frankfurt stammenden Wahlberliner Andreas Altmeyer. Das Stammhaus ist ein Café am Paul-Lincke-Ufer, dessen Außenterrasse sich in den warmen Monaten in eine ausschließlich von schönen Menschen frequentierte Erste-Sahne-Aperitif-Location verwandelt. Neben dem bereits erwähnten Mandelcroissant gibt es dort auch Tartes und Kuchen zu kaufen, weswegen ich vor allem auf das süße Sortiment der Brotboutique gespannt war.
Fünf von fünf Punkten für den Croissantwürfel, gefüllt mit einem pornösen, nur leicht gesüßten Pistazienmus, getoppt mit einer üppigen Pistaziencreme, ein Gebäck für Königinnen. Weniger gelungen finde ich den kreisrunden Carrot Cake mit seinem aufdringlich-süßen Weiße-Schoko-Frosting und einer ebenfalls zu süßen, an Trockenobst erinnernden Basis.
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Den ziemlich perfekten Pecan Pie gibt es am Paul-Lincke-Ufer in zwei Größen, hier als Tarte von sehr bescheidener Größe, das Stück zu stolzen 5 Euro. Im Großen und Ganzen finde ich die Preisgestaltung der Bäckerei in Ordnung. 6 Euro für einen Laib Körnerbrot? Ja, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit und Zeit in handwerklicher Brotherstellung steckt. Und den Unterschied schmeckt man.
Es gäbe noch so viel mehr zu probieren: die frisch auf Wunsch belegten Croissants und Flûtes, den Vanille-Flan, das Paris-Brest und das Banana Bread, den Cheesecake, die schlicht-schönen Schokotartelettes, die Zitronen-Meringue-Tartes, den Maronen-Johannisbeer-Würfel, die Mohn-Marzipan-Schnecke (Favorit des Besitzers), die Canelés und Financiers und wie sie alle heißen. Grund genug wiederzukommen – das fette Jahr ist schließlich noch lange nicht vorbei.
4 von 5 Punkten
Boutique de La Maison. Urbanstraße 70A, 10967 Berlin. Mo–Fr 7–17 Uhr, Sa/So 8–17 Uhr. www.lamaison.berlin
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