Nun ist es raus: Raed Saleh will Parteichef der Berliner SPD bleiben. Am Donnerstag stellte er seine Kandidatur gemeinsam mit Luise Lehmann vor. Eine Überraschung war das nicht. Seit Wochen wird darüber berichtet, dass beim Landesparteitag am 25. Mai drei Duos gegeneinander antreten wollen. Die Statuten sehen für den Vorsitz eine Frau und einen Mann vor. Zuletzt waren dies Franziska Giffey und Raed Saleh. Giffey hat unlängst ihren Verzicht erklärt.

Der Start der Kampagne war nicht stolperfrei. Es tauchten am Donnerstag Ungereimtheiten über die Finanzierung des Wahlkampfs von Saleh und Lehmann auf. Ursprünglich wurde im Impressum des gemeinsamen Web-Auftritts (www.luise-raed.de) Salehs Abgeordnetenhausbüro genannt. Das ließ darauf schließen, dass die Fraktion die Kampagne bezahlt – was verboten ist. Mittlerweile wird im Impressum eine Agentur aus Frankfurt (Oder) angeführt. Ein Mitarbeiter der Agentur habe fälschlicherweise die Adresse des Parlamentsbüros in der Niederkirchnerstraße ins Impressum geschrieben, heißt es aus Salehs Umfeld. Das sei korrigiert worden. Saleh und Lehmann bezahlten ihre Kampagne selbst.

Der Vollständigkeit halber seien hier die Impressen auf den Homepages der anderen beiden Bewerberduos genannt. Auf gemeinsammiteuch.de von Kian Niroomand und Jana Bertels wird die SPD von Charlottenburg-Wilmersdorf genannt, deren Vorsitzender Niroomand ist. Als Adresse wird das Rathaus Charlottenburg an der Otto-Suhr-Allee genannt. Bertels stammt aus Friedrichshain und ist Vizechefin der SPD-Frauenorganisation ASF.

13.02.2024

13.02.2024

•gestern

gestern

11.02.2024

Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini werben auf mehr-spd-wagen.de für ihre gemeinsame Bewerbung. Im Impressum ist unter c/o Ralf Kleindiek genannt, früherer IT-Staatssekretär unter Franziska Giffey. Als Adresse firmiert ein Rechtsanwaltsbüro in der Friedrichstraße. Hikel ist als Bürgermeister von Neukölln wahrscheinlich der bundesweit bekannteste Berliner Kommunalpolitiker, Böcker-Giannini war bis vor kurzem Staatssekretärin der Senatssportverwaltung.

Sechs Kandidaten also, dabei ist es derzeit sicher kein Vergnügen, der SPD vorzusitzen. Auch in Berlin. Bei der Wiederholungswahl zum Bundestag verlor die Partei 7,8 Prozentpunkte und blieb inklusive der als korrekt gewerteten 2021er-Zahlen nur hauchdünn stärkste Bundestagspartei in Berlin. In einem Stimmbezirk in Lehmanns Heimatbezirk Marzahn-Hellersdorf holte die AfD 50 Prozent, die SPD blieb einstellig.

Berlin im Wahlkampf: „Niemand kümmert sich um die deutsche arbeitende Bevölkerung“

12.02.2024

Franziska Giffey im Interview: „Gerhard Schröder hat vieles richtig gemacht“

03.02.2024

Raed Saleh hatte am Donnerstag sichtlich so gar kein Interesse daran, die schlechten Zahlen von Sonntag zu thematisieren. Ja, das Ergebnis stecke ihm noch in den Knochen, sagte er – und verwies im nächsten Atemzug auf seine gemeinsame Kandidatur mit Luise Lehmann.

Während er schon seit Jahren der mächtigste Mann der Berliner SPD ist – der Spandauer führt die Fraktion seit 13 Jahren und seit vier Jahren auch die Partei – ist Lehmann ein fast unbeschriebenes Blatt. Die 27-jährige Mahlsdorfer Ärztin sitzt in der Bezirksverordnetenversammlung von Marzahn-Hellersdorf und ist zuletzt zweimal daran gescheitert, ins Abgeordnetenhaus aufzurücken.

Umso neugieriger durfte man auf ihren Auftritt sein, ihre Begründung hören, warum sie mit Saleh antreten will. Ausgerechnet, möchte man sagen, nachdem man ihr zugehört hatte.

Luise Lehmann charakterisiert sich als explizit linke Juso-Frau. Im vergangenen Frühjahr war sie eine „absolute Gegnerin“ einer schwarz-roten Koalition gewesen, wie sie sagte. Einer deren Baumeister war bekanntlich Saleh. Inzwischen, so Lehmann, habe sich ihre Meinung geändert. Die Stadt müsse funktionieren und dürfe nicht in ein Chaos gestürzt werden. Dennoch wolle sie „keine weiteren konservativen Bündnisse“.

Warum also mit Saleh? Luise Lehmann feierte die Diversität des Duos, die Gegensätze. Sie beide würden „West und Ost“ repräsentieren, „Jung und Alt“ (Saleh ist 46 Jahre alt), „Landespolitik und Kommunalpolitik“, „Bildungsbürgertum und Arbeiterschaft“, „Migrationserfahrung und Erfahrung als ‚Kartoffel‘“, wie sie selber sagte. Dennoch habe es kein Casting gegeben, so Lehmann – „und wenn, dann habe ich ihn ausgesucht“. Tatsächlich kenne man sich „seit vielen Jahren“. Soziale Gerechtigkeit, zum Beispiel auch in der medizinischen Versorgung, seien der gemeinsame Hauptantrieb. Und natürlich der Kampf gegen rechts.

Raed Saleh versucht mit dieser Personalwahl, sein „gemäßigt linkes“ Image in der Partei zu schärfen. Das ist ihm an der Seite von Giffey nicht so gut gelungen. Das Zusammengehen mit Kai Wegner, den er Wochen zuvor noch verächtlich gemacht hatte, läutete das Ende von Giffey an der Parteispitze ein. Und es kostete den von den eigenen Leuten bei Abstimmungen oft genug abgestraften Saleh weiteren Kredit.

Bezieht man dann noch mit ein, dass im Frühjahr immerhin 46 Prozent gegen Schwarz-Rot votierten, ist seine Position nicht unangefochten, nicht einmal im eigenen Lager. So sind es längst nicht mehr nur die aufmüpfigen Jusos, die nach dem Abschied von Giffey auch den von Saleh fordern.

Giffey und Steinbach über wirtschaftliche Lage: Stimmung schlecht, Aussicht gut?

vor 4 Std.

Auch Kian Niroomand sprach sich gegen die große Koalition aus. Da ein Weiter-so mit Rot-Grün-Rot keine Mehrheit bekam, plädierte er für den Gang in die Opposition. Jana Bertels äußerte sich ähnlich.

Was das angeht, haben die Groko-Unterstützer Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini ein Alleinstellungsmerkmal. Ein weiteres, so möchte man sagen. Schließlich gilt das Duo als rechts innerhalb der SPD.

Die Wahl am 25. Mai ist auch ein Fingerzeig auf die nächste Abgeordnetenhauswahl 2026. Niroomand hat ganz im Sinne der Erneuerer in der Partei bereits erklärt, dass der Spitzenkandidat nicht zugleich Parteichef sein solle. Hikel und Böcker-Giannini äußerten sich ähnlich. Was ihnen als Plädoyer für ihre Patronin Franziska Giffey ausgelegt wird. Doch wie halten es eigentlich Lehmann und Saleh damit? Das sei jetzt, zweieinhalb Jahre vor der Wahl, nicht die Frage, sagten sie unisono.

QOSHE - Jetzt steht fest, wer in der Berliner SPD an die Macht will - Elmar Schütze
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Jetzt steht fest, wer in der Berliner SPD an die Macht will

9 0
15.02.2024

Nun ist es raus: Raed Saleh will Parteichef der Berliner SPD bleiben. Am Donnerstag stellte er seine Kandidatur gemeinsam mit Luise Lehmann vor. Eine Überraschung war das nicht. Seit Wochen wird darüber berichtet, dass beim Landesparteitag am 25. Mai drei Duos gegeneinander antreten wollen. Die Statuten sehen für den Vorsitz eine Frau und einen Mann vor. Zuletzt waren dies Franziska Giffey und Raed Saleh. Giffey hat unlängst ihren Verzicht erklärt.

Der Start der Kampagne war nicht stolperfrei. Es tauchten am Donnerstag Ungereimtheiten über die Finanzierung des Wahlkampfs von Saleh und Lehmann auf. Ursprünglich wurde im Impressum des gemeinsamen Web-Auftritts (www.luise-raed.de) Salehs Abgeordnetenhausbüro genannt. Das ließ darauf schließen, dass die Fraktion die Kampagne bezahlt – was verboten ist. Mittlerweile wird im Impressum eine Agentur aus Frankfurt (Oder) angeführt. Ein Mitarbeiter der Agentur habe fälschlicherweise die Adresse des Parlamentsbüros in der Niederkirchnerstraße ins Impressum geschrieben, heißt es aus Salehs Umfeld. Das sei korrigiert worden. Saleh und Lehmann bezahlten ihre Kampagne selbst.

Der Vollständigkeit halber seien hier die Impressen auf den Homepages der anderen beiden Bewerberduos genannt. Auf gemeinsammiteuch.de von Kian Niroomand und Jana Bertels wird die SPD von Charlottenburg-Wilmersdorf genannt, deren Vorsitzender Niroomand ist. Als Adresse wird das Rathaus Charlottenburg an der Otto-Suhr-Allee genannt. Bertels stammt aus Friedrichshain und ist Vizechefin der SPD-Frauenorganisation........

© Berliner Zeitung


Get it on Google Play