Das geplante milliardenschwere Sondervermögen für mehr Klimaschutz in Berlin – steht es auf der Kippe oder ist es schon tot? In jedem Fall ist der Plan des Senats, zwei Jahre hintereinander jeweils 5 Milliarden Euro für die Sanierung veralteter und damit klimaschädlicher Energieinfrastruktur, öffentlicher Gebäude und Fahrzeugflotten bereitzustellen, selbst dringend sanierungsbedürftig.

Klar ist allenfalls: In den gerade erst verabschiedeten Berliner Doppelhaushalt 2024/2025 können die zusätzlichen Kosten nicht hinein. Im Gegenteil: Bis zum 1. Juli müssen daraus noch zweimal 1,9 Milliarden Euro gestrichen werden. Das ist umstritten genug.

Einen ersten Aufschlag unternahm Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey am Mittwoch. Im Inforadio des RBB brachte die SPD-Politikerin einen weiteren Nachtragshaushalt ins Spiel. „Klar ist, es wird Investitionen brauchen. Die müssen ermöglicht werden“, sagte Giffey. Ansonsten könne Berlin nicht klimaneutral werden. Und das müsse das Ziel bleiben.

Fachleute hatten spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November mit großen Schwierigkeiten für das Sondervermögen gerechnet. Das Gericht beschäftigte sich vor allem mit den Begründungen für (kreditfinanzierte) Sondervermögen, die parallel zu laufenden Haushalten und damit auch der Schuldenbremse öffentliche Investitionen ermöglichen sollten.

27.02.2024

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Dabei stieß Karlsruhe sich vor allem an den Begründungen für den Schattenhaushalt des Bundes. Wenn das Ziel die Abhilfe aus einer Notlage sei – genannt wurden unter anderem der Klimawandel und die durch den Ukraine-Krieg notwendig gewordene Umstellung der Energieversorgung –, müssten die Einzelmaßnahmen auch Notfall-Charakter haben. Sie müssten also binnen eines Jahres wirken, und sie müssten Jahr für Jahr neu und aufwendig begründet werden. Alle Risiken des Scheiterns inklusive.

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Dass das Sondervermögen, wenn nicht schon gänzlich tot, so doch in großer Gefahr ist, sahen alle Teilnehmer der Debatte im Hauptausschuss am Mittwoch so. Anlass war ein vom Senat beauftragtes Gutachten, das sich mit den Auswirkungen des Gerichtsurteils auf das Berliner Sondervermögen beschäftigte. Tenor: schwierig, sehr schwierig!

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) nannte das Gutachten einen „Denk- und Arbeitsauftrag“ und kündigte Nachbesserungen an. Die Parlamentarier waren schon einen Schritt weiter. Bis auf die AfD erkannten alle Redner die Notwendigkeit weiterer Investitionen in die sogenannte energetische Transformation.

Zwischen den Zeilen war herauszuhören, dass alle sich innerlich bereits von einem Sondervermögen verabschiedet haben. Die Tendenz schlug eindeutig in Richtung Nachtragshaushalt aus. Am klarsten sagte es Steffen Zillich von der Linkspartei: „Ohne Nachtragshaushalt wird das nicht gehen.“

So blieb es ausgerechnet dem SPD-Haushälter Torsten Schneider vorbehalten, „seiner“ Wirtschaftssenatorin Giffey in die Parade zu fahren. „Beste Grüße an die Fantasien im Senat! Aber dieses Geschäft wird das Parlament selbst in die Hand nehmen“, sagte Schneider. Was er meinte: Das Berliner Parlament ist Haushaltsgesetzgeber. Sollte es zu einem Nachtragshaushalt kommen, würde ihn das Parlament debattieren und beschließen. Umsetzen dürfte – und müsste – ihn dann der Senat.

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Ausgerechnet an diesem Senat lässt in dem Zusammenhang der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) kein gutes Haar. Die Berliner Landesregierung versage gleich mehrfach. So gebe es weder einen Plan B für notwendige Investitionen in Klimaschutz noch eine eigene Strategie, Berlin vor 2045 klimaneutral zu machen, hieß es.

Stattdessen werde „für die autogerechte Stadt der 60er-Jahre Politik gemacht“, sagte Matthias Krümmel, BUND-Referent für Klimaschutzpolitik, in einer Mitteilung. Tatsächlich erkenne er „in keinem Bereich Fortschritte, weder bei der Gebäudesanierung noch im Verkehrsbereich“.

So umstritten die Finanzierung von Klimaresilienz und Klimaneutralität ist, so vernichtend die Kritik von Umweltschützern, so eindeutig ist zumindest in weiten Teilen der Politik die Zustimmung zum geplanten Ankauf des Fernwärmebereichs, der noch dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall gehört. Nach Angaben der CDU-geführten Senatsfinanzverwaltung wird dies das Land rund 1,6 Milliarden Euro kosten. Dieser Ankauf soll jenseits jedes Sondervermögens oder der Schuldenbremse erfolgen.

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Die Fernwärme gehöre wie die schon kommunalisierten Wasserbetriebe und das Stromnetz zur kritischen Infrastruktur. Und kritische Infrastruktur gehöre natürlich in die öffentliche Hand, sagte der SPD-Politiker Jörg Stroedter vorige Woche im Parlament. „Dadurch gewinnen wir Einfluss auf Versorgungssicherheit und auf stabile Preise und bekommen Handlungsfreiheit, um die notwendige Transformation der Netze zur Klimaneutralität voranzutreiben.“ Berlin könne die Dekarbonisierung, also die Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas, auf diese Weise schneller umsetzen.

Auch die alte rot-grün-rote Koalition hallt in dieser Frage nach. So stellte sich auch der Grünen-Abgeordnete Stefan Taschner grundsätzlich hinter das Vorhaben. Und Sebastian Scheel (Linke) sagte: „Wir müssen vom fossilen Zeitalter weg.“ Ein wichtiger Schlüssel dazu seien die Netze: „Intelligente Netze werden uns in die Lage versetzen, diesen Übergang sinnvoll und gerecht, zu fairen Konditionen und guten Preisen für die Bürgerinnen und Bürger zu gestalten.“

Nur die AfD blieb bei ihrem Nein. Frank-Christian Hansel sprach von „vermeintlichem Klimaschutz“. Die Rekommunalisierung der Fernwärme werde nichts bringen außer zusätzliche Schulden. „Die ambitionierten Klimaziele sind, selbst wenn man sie für das Überleben der Menschheit wirklich für wichtig hielte, nicht zu erreichen“, sagte er. „Insbesondere nicht, wenn die Energieversorgung sicher und störungsfrei und bezahlbar bleiben und der Wirtschaftsstandort keinen Schaden nehmen soll.“ Auch die außerparlamentarische FDP ist generell gegen Rekommunalisierungen.

QOSHE - 5 Milliarden Euro futsch! Berlins Klima-Sondervermögen ist tot – was kommt jetzt? - Elmar Schütze
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5 Milliarden Euro futsch! Berlins Klima-Sondervermögen ist tot – was kommt jetzt?

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29.02.2024

Das geplante milliardenschwere Sondervermögen für mehr Klimaschutz in Berlin – steht es auf der Kippe oder ist es schon tot? In jedem Fall ist der Plan des Senats, zwei Jahre hintereinander jeweils 5 Milliarden Euro für die Sanierung veralteter und damit klimaschädlicher Energieinfrastruktur, öffentlicher Gebäude und Fahrzeugflotten bereitzustellen, selbst dringend sanierungsbedürftig.

Klar ist allenfalls: In den gerade erst verabschiedeten Berliner Doppelhaushalt 2024/2025 können die zusätzlichen Kosten nicht hinein. Im Gegenteil: Bis zum 1. Juli müssen daraus noch zweimal 1,9 Milliarden Euro gestrichen werden. Das ist umstritten genug.

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27.02.2024

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