Wie sehr der Nahostkonflikt auf Berlin gewirkt hat, sieht jeder, der durch die Oranienstraße geht: Vor der Neuen Synagoge sind schon von Weitem Kerzen und Blumen zu sehen. Zudem hängen an den Straßenrändern Vermisstenplakate für die Hamas-Geiseln, die seit dem Überfall auf Israel am 7. Oktober weiterhin in Gefangenschaft sind.
Der Konflikt hat Berlin erreicht. Seit dem 7. Oktober und den darauf folgenden israelischen Angriffen auf Gaza haben antisemitische Handlungen in Deutschland deutlich zugenommen. Das bestätigte der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Sonntag bei dem Jüdischen Gemeindetag in Berlin; etwa 4300 Straftaten mit Bezug zum Nahost-Konflikt seien in Deutschland seit dem 7. Oktober registriert worden, darunter fast 500 Gewalttaten.
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Am Montagmorgen gingen die Gespräche in und mit der Gemeinde weiter, als Buschmann sich in der Neuen Synagoge mit etwa 20 Schülern und Schülerinnen aus der 9. Klasse des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn, der Privatschule der Jüdischen Gemeinde, traf.
Eine Stunde lang beantwortete er die Fragen der Jugendlichen zu unterschiedlichen Themen im Bezug auf den Nahost-Konflikt; etwa zur offiziellen diplomatischen Reaktion Deutschlands auf den Konflikt, zu Demonstrationen in Berlin und zu den Herausforderungen bei der Bekämpfung des Antisemitismus in der Gesellschaft. Anwesend waren außerdem Dr. Aaron Eckstaedt, Schuldirektor des Jüdischen Gymnasiums, sowie Dr. Gideon Joffe, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.
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Im Gespräch mit den Schülern sprach Buschmann von dem Bedarf nach frühzeitiger pädagogischer Arbeit, um den Aufbau von antisemitischen Vorurteilen zu verhindern. „Solche Vorurteile können sich schon im Alter von sechs bis 12 Jahren festsetzen – und zwar dramatisch“, so der Justizminister. Dagegen würde er gerne größeren Einsatz schon in Kitas und Grundschulen sehen; in seiner Heimatregion Ruhrgebiet seien pädagogische Mitarbeiter bereits eingesetzt worden, die sich speziell mit dem Thema Antisemitismusbekämpfung befassten.
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Zwei Lehrkräfte des Jüdischen Gymnasiums hatten sich im Oktober in einem Brief an Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gewandt, mit der Bitte, die Hintergründe des aufkommenden Antisemitismus in Berlin zu untersuchen. In den Tagen nach dem 7. Oktober und den anschließenden Feierlichkeiten in einigen Teilen Berlins blieben die Schüler vieler jüdischer Schulen aus Angst vor gewalttätigen Repressalien zu Hause. Vor diesem Hintergrund dürfe es nun keinen Platz für „falsche Toleranz“ geben, so Buschmann. Doch es müssten auch Wege gefunden werden, um Begegnungen zwischen jüdischen und muslimischen Gemeinden zu etablieren, damit die Menschen „miteinander, nicht übereinander“ sprechen können.
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