Schönau - Es ist das Top-Ausflugsziel im Berchtesgadener Land: Die rund sechs Kilometer entfernte Halbinsel St. Bartholomä – erreichbar nur mit dem Elektroboot. Ganzjährig befördert die Bayerische Seenschifffahrt dorthin Gäste, mehr als 750.000 waren es 2023. Doch nun das. "Wir machen Betriebsruhe vom 8. Januar bis zum 8. Februar", heißt es auf der Webseite der gleichnamigen Gaststätte.

Der Grund: akuter Personalmangel. Die Schließung kommt für die Schifffahrt ungelegen. "Rund 350 Gäste sind es derzeit am Tag, am Wochenende können es auch mal 1.000 sein", erzählt der Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt, Michael Grießer. "Natürlich ist das mehr als unglücklich", sagt er diplomatisch.

An Schönwetter-Wochenenden ist am Königssee selbst zur kalten Jahreszeit jede Menge los. In den vergangenen Jahren hatte die Gaststätte fast täglich geöffnet. "Nur an Heiligabend haben wir immer zu", bestätigt Pächter Markus Amann. Weil St. Bartholomä geschlossen hat, gibt es für Gäste keine Verpflegungsmöglichkeiten. Im Winter haben auf der Halbinsel, in dem von viel Natur geprägten Teil des Nationalparks Berchtesgaden, nur die Nationalpark-Ausstellung sowie die Wallfahrtskirche am Westufer des Königssees geöffnet.

Weil die Gastronomie zurzeit keinen Besuch erlaubt, fehlt auch die Möglichkeit, die offiziellen WC-Anlagen zu nutzen. Von der Schlösserverwaltung heißt es auf schriftliche Nachfrage: "Ein großes Verpflegungsangebot steht im Ort Königssee sowie in den Orten im Raum Berchtesgaden zur Verfügung. Für die Zeit der Betriebsruhe hat die Bayerische Schlösserverwaltung mehrere Toiletten in St. Bartholomä bereitgestellt." Mit einer Schließung der Gastronomie hat die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Seen und Gärten bislang keine Erfahrung, seit das Pächterehepaar Markus und Heidi Amann vor mehr als zehn Jahren die Gaststätte übernahm.

"Im Sommer haben 16 Leute aufgehört", sagt Amann, der zu Beginn seiner Pächterzeit elf Kellner beschäftigte. Heute sind es, "wenn es gut läuft, noch sechs". Deutsches Personal gibt es seit Jahren nicht mehr. Später kamen Rumänen, die die Saison über am Königssee arbeiteten. "Auch die sind nicht mehr da." Mittlerweile sind es vor allem ungarische Staatsbürger. Aber auch die werden immer weniger. "Wir hatten ein paar Ukrainer. Landsleute empfohlen ihnen, lieber Bürgergeld zu nehmen und das Leben mehr zu genießen", erzählt Amann sauer.

Selbst engagierte Personalvermittler haben selten Erfolg. "Einen Koch bekommen wir überhaupt nicht mehr", sagt der Pächter, der händeringend auf der Suche nach einem ist. Er zahlt allen Beschäftigten mehr als den Mindestlohn. "Ansonsten meldet sich sowieso keiner." Und er ergänzt: "Es ist besser, jetzt im Januar zu schließen, als im August während der Hochsaison. Das wäre eine echte Katastrophe." Bis zu 5.000 Leute fahren zu dieser Zeit über den Königssee. 350 Gäste haben im Inneren der Gastronomie Platz, 500 weitere im großen Biergarten. Laut Amann werde sich die Situation nicht so schnell verbessern.

Tatsächlich benötigt Amann eine doppelte Belegschaft, um seine Gaststätte am Laufen zu halten. Aktuell befindet er sich in Gesprächen mit neuen Mitarbeitern. Für März hat ein Kellner zugesagt. Küchenhilfen und ein weiterer Koch lassen auf sich warten. Vier Wochen Zwangspause zehren an den Nerven, weil die Perspektive fehlt. Die Wiedereröffnung im Februar sei aber fix. Bis dahin leistet Amann Reparaturarbeiten. Der Kühler ist kaputt, der Radlader ebenso. Anschließend wird er mit seiner Frau zwei Wochen Urlaub machen.

QOSHE - "Nehmen lieber Bürgergeld": Beliebtes Wirtshaus in Bayern macht wegen ... - Kilian Pfeiffer
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14.01.2024

Schönau - Es ist das Top-Ausflugsziel im Berchtesgadener Land: Die rund sechs Kilometer entfernte Halbinsel St. Bartholomä – erreichbar nur mit dem Elektroboot. Ganzjährig befördert die Bayerische Seenschifffahrt dorthin Gäste, mehr als 750.000 waren es 2023. Doch nun das. "Wir machen Betriebsruhe vom 8. Januar bis zum 8. Februar", heißt es auf der Webseite der gleichnamigen Gaststätte.

Der Grund: akuter Personalmangel. Die Schließung kommt für die Schifffahrt ungelegen. "Rund 350 Gäste sind es derzeit am Tag, am Wochenende können es auch mal 1.000 sein", erzählt der Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt, Michael Grießer. "Natürlich ist das mehr als unglücklich", sagt er diplomatisch.

An Schönwetter-Wochenenden ist am Königssee selbst zur kalten Jahreszeit jede Menge los. In den vergangenen Jahren hatte die Gaststätte fast täglich........

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