Albert Rösti hat einen bemerkenswerten Start hingelegt als Umweltminister der Schweiz. Nicht immer aber geht seine Methode auf.

Es ist der Traum jedes Bundesrats: Bereits im ersten Jahr unter Beweis zu stellen, aus welchem Holz er oder sie geschnitzt ist. SVP-Magistrat Albert Rösti ist dies auf beneidenswerte Weise gelungen. Binnen weniger Monate hat er dem Umwelt- und Energiedepartement einige neue Konturen verliehen. Das liegt einerseits daran, dass er im Gegensatz zu seiner Vorgängerin in vielen Fragen auf eine bürger­liche Hausmacht im Parlament zählen kann. Und andererseits an seinem guten Gespür für den politischen Handel.

Beim Wolf aber schiesst Rösti über das Ziel hinaus. Bis jetzt ist nicht klar, warum er den Schwellenwert auf 12 Rudel reduzieren will – eine wissenschaftliche Argumentation fehlt dafür. Es scheint, als habe Rösti auch hier lediglich einen Kompromiss gesucht: einen Wert irgendwo zwischen den Forderungen der Bauern, die nur sieben Rudel dulden wollen, und jenen 20, die sein Bundesamt für Umwelt noch bis vor kurzem als Minimalziel für den rechtlich zugesicherten Arterhalt definierte.

Dass Röst mit diesem Vorgehen eine Grenze überschreitet, beweist der jüngste Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts: Dieses blockiert die Abschüsse von sieben Rudeln in der kurzfristig anberaumten Wolfsjagd – zu unklar sei die Rechtslage und wohl auch unverhältnismässig hart das Vorgehen gegen das Grossraubtier. Es spielt gar keine grosse Rolle, wie man zum Wolf steht. Ein Einschreiten des Bundesverwaltungsgerichts im ersten Amtsjahr gegen einen bundesrätlichen Entscheid bedeutet ein ­Tolggen in Röstis Reinheft.

Unbestritten: Es gibt viel mehr Wölfe als noch vor einigen Jahren, und damit mehren sich die Probleme. Gleichzeitig haben zuletzt die Risse von Schafen und Ziegen abge­nommen. In manchen Fällen greift der verbesserte Herdenschutz, in manchen hilft der Abschuss eines Wolfs oder eines ganzen Rudels. Und ganz vereinzelt wird es in Zukunft vielleicht unrentabel, eine Alp im Sommer zu bestossen.

Diese verschiedenen Mass­nahmen sind sorgfältig ­auszutarieren, um ein ­Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur herzu­stellen – einem politischen Kompromiss im Grunde nicht unähnlich. Aber in der Summe doch komplexer, als willkürlich einen Mittelwert zu definieren.

QOSHE - Ein Schuss vor den Bug für Wolfsjäger Rösti - Benjamin Rosch
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Ein Schuss vor den Bug für Wolfsjäger Rösti

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05.01.2024

Albert Rösti hat einen bemerkenswerten Start hingelegt als Umweltminister der Schweiz. Nicht immer aber geht seine Methode auf.

Es ist der Traum jedes Bundesrats: Bereits im ersten Jahr unter Beweis zu stellen, aus welchem Holz er oder sie geschnitzt ist. SVP-Magistrat Albert Rösti ist dies auf beneidenswerte Weise gelungen. Binnen weniger Monate hat er dem Umwelt- und Energiedepartement einige neue Konturen verliehen. Das liegt einerseits daran, dass er im Gegensatz zu seiner Vorgängerin in vielen Fragen auf eine bürger­liche Hausmacht im Parlament zählen kann. Und andererseits........

© Aargauer Zeitung


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