Artikel vom 29.04.2024

Eine EU-Veordnung, in Brüssel durchgedrückt von unkontrollierten NGOs, macht auch Kakao und Palmöl zu Luxusgütern. Wie das funktioniert, erklärt Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland e.V.

Zum Ende des Jahres droht Kaffeetrinken „ein sehr teurer Spaß“ zu werden. So lautet die Warnung von Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer Lebensmittelverband Deutschland e.V. Nicht Kriege, Klimakatastrophen oder Missernten seien Ursache, sondern ein Brüsseler Gesetz macht Kaffee, „wenn nicht noch ein Wunder passiert, zu einem Luxusgut“.

Er rede von der EU-Verordnung DR 2023/1115. vom Europäischen Parlament im vergangenen Jahr beschlossen: „Dabei geht es um entwaldungsfreie Lieferketten“, so Minhoff. Die Idee dahinter: Für den Anbau von Kaffee, aber auch von Kakao, Palmöl oder etlichen anderen Rohstoffen sollen keine Bäume mehr gefällt werden.

Was moralisch lobenswert klinge, hat laut dem Impulsvortrag, den Minhoff auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel hielt, einen entscheidenden Haken: „Jeder Quadratmeter, und das meine ich nicht metaphorisch, sondern wörtlich, soll mit Hilfe von Geolokalisierungsdaten für den Nachweis eines entwaldungsfreien Anbaus überprüfbar belegt werden. Kein Sack mehr von irgendwas darf in die EU geliefert werden, wenn es diesen Nachweis nicht beinhaltet.“

Doch, so der Verbandsmanager weiter, derartige Geolokalisierungsdaten liegen „breitflächig gar nicht vor“. Die Hunderttausenden von Kleinbauern, deren Ernte in die EU gehe, hätten gar nicht die technischen oder bürokratischen Möglichkeiten, entsprechende Nachweise zu erbringen. Die Folge: „Derzeit schätzt der Kaffeeverband, dass nur 20 Prozent der Ware die geforderten Kriterien erfüllt.“ Darum „droht eine radikale Verknappung von Kaffee und Kakao.“

Minhoff erläuterte, die Forderung nach entwaldungsfreien Lieferketten lasse sich in keinem Parteiprogramm entdecken, ob von SPD, FDP oder Union, „bei den Grünen findet sich seit 2009 etwas zum Waldschutz“ ­– tatsächlich aber habe die Naturschutzorganisation WWF (World Wildlife Fund) den Terminus bereits Anfang der 2000er Jahre auf die Agenda gesetzt. 210 NGOs hätten sich im Laufe der Zeit angeschlossen, darunter federführend der Verein Germanwatch, der sich wesentlich durch Steuermittel vor allem aus dem Etat des Bundesumweltministeriums finanziere.

„Ich bin mal gespannt, wie die Bevölkerung auf diese Politik und deren Umsetzung reagiert, sobald deren Folgen in ihr Alltagsleben Einzug hält“, sagte Minhoff. „Mit dem Heizungsgesetz haben wir ja schon Erfahrungen gemacht.“ Nach seiner Einschätzung hätte „ein vervielfachter Kaffeepreis mindestens eine ähnliche politische Sprengwirkung“, wenn die Bürger demnächst „statt bei einer Tasse Kaffee bei warmem Wasser“ über Politik diskutieren würden. Der Verbandsfunktionär wies darauf hin, dass die Vorgabe natürlich nur für die EU gelte, und vor diesem Hintergrund könnten die Briten „vielleicht ein ganz lukratives Kaffee-Import-Export-Geschäft aufbauen“.

Und wer sei schuld an einer solchen Entwicklung? Es sei zu bequem, etwa die Grünen verantwortlich zu machen, Schuld seien vielmehr „wir Bürger und Wähler“, die seit Jahren „dem Treiben der medial betreuten Zivilgesellschaftsagitatoren tatenlos zusehen“.

Und dann war der Redner richtig in Stimmung: „Wenn aufgeheizte Straßenblockierer, Atomkraftphobiker oder Heile-Welt-Utopisten ihren gequirlten Quark immer und immer breiter treten, hieß die beschwichtigende Devise aus Politik und Wirtschaft: Der Klügere gibt nach! – und genauso sieht unser Land jetzt aus, wenn der Klügere immer nachgibt.“

Minhoff spießte in diesem Zusammenhang auch die anstehenden Werbeverbote auf, maßgeblich initiiert von Foodwatch und jetzt kurz vor der Umsetzung durch das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Cem Özdemir (Grüne), die auf der „aberwitzigen These“ basiere: „Werbung anschauen macht dick und doof!“

Hier gehe es um den „Kern marktwirtschaftlichen Handelns: Wer sein legales Produkt nicht mehr bewerben darf, kann sich am Markt nicht differenzieren und hat damit am Markt auch keine Chance.“ Und nebenbei gehe es um Werbemittel in Höhe von drei Milliarden Euro für Zeitungsverlage, Rundfunkstationen und Social-Media-Angebote.

Die Werbeverbote würden übrigens keineswegs nur Süßigkeiten betreffen: „Je nachdem, wie man rechnet, wären 70 bis 80 Prozent der Lebensmittel davon betroffen“, sagte Minhoff, und zählte auf: „Butter, Käse, Wurst, Sojamilch, Fertigpizza.“

NGOs seien demokratisch in keiner Weise legitimiert, würden inzwischen aber massiv an der politischen Gestaltung mitwirkten, ohne selbst irgendeiner Kontrolle zu unterliegen, klagte der Redner. Darum lautete Minhoffs Schlussappell: „Gehen Sie wählen“ bei der Europawahl! Und man möge guten Kaffee genießen, solange der noch erschwinglich sei.

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Warum sich der Kaffeepreis jetzt vervielfachen wird

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29.04.2024

Artikel vom 29.04.2024

Eine EU-Veordnung, in Brüssel durchgedrückt von unkontrollierten NGOs, macht auch Kakao und Palmöl zu Luxusgütern. Wie das funktioniert, erklärt Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland e.V.

Zum Ende des Jahres droht Kaffeetrinken „ein sehr teurer Spaß“ zu werden. So lautet die Warnung von Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer Lebensmittelverband Deutschland e.V. Nicht Kriege, Klimakatastrophen oder Missernten seien Ursache, sondern ein Brüsseler Gesetz macht Kaffee, „wenn nicht noch ein Wunder passiert, zu einem Luxusgut“.

Er rede von der EU-Verordnung DR 2023/1115. vom Europäischen Parlament im vergangenen Jahr beschlossen: „Dabei geht es um entwaldungsfreie Lieferketten“, so Minhoff. Die Idee dahinter: Für den Anbau von Kaffee, aber auch von Kakao, Palmöl oder etlichen anderen Rohstoffen sollen keine Bäume mehr gefällt werden.

Was moralisch lobenswert klinge, hat laut dem Impulsvortrag, den Minhoff auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel hielt, einen entscheidenden Haken: „Jeder Quadratmeter, und das meine ich nicht metaphorisch, sondern wörtlich, soll mit Hilfe von Geolokalisierungsdaten für den Nachweis eines........

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